"Impfen ist Körperverletzung" Masern im Burgenlandkreis: "Impfen ist Körperverletzung" - Masernfälle lösen heftige Debatte in Zeitz aus

Zeitz - Bei kaum einem Thema gibt es so verhärtete Fronten wie in der Impfdebatte, die in Deutschland Mütter und Väter beschäftigt. Ausgelöst vor allem durch die aktuelle Masern-Welle. 54 Menschen sind allein in Leipzig erkrankt, also in großer Nähe zu Zeitz.
Als besonders dramatisch werden die Fälle von zwei Frauen genannt, beide ungeimpft und jetzt mit Masern infiziert. Eine von ihnen sei, laut Gesundheitsamt Leipzig, in der siebenten Woche schwanger, und es sei fraglich, ob das Ungeborene überlebt. Die andere Frau hat ihre fünf Monate alte Tochter angesteckt.
Bei der Frage nach dem Impfen prallen Welten aufeinander
Und die Gesundheitsämter appellieren: Man solle seinen Impfstatus überprüfen und sich gegebenenfalls schnellstmöglich impfen lassen. Doch da prallen Welten aufeinander, wie eine MZ-Umfrage ergab: Während es für Heike Kühn ganz klar war, dass ihr Sohn alle nötigen Impfungen zur rechten Zeit erhält, ist Bettina Wagner eine entschiedene Impfgegnerin. Keines ihrer beiden Kinder ist geimpft. „Impfen ist Körperverletzung“, sagt Bettina Wagner, „die Masernimpfung ist widernatürlich, schädlich und verursacht viele Erkrankungen.“
Wenn ihre Kinder gut ernährt sind und bei einer Masernerkrankung die richtige Pflege erhalten, könne nichts passieren. „Masern sind bei richtiger Versorgung ungefährlich“, sagt Bettina Wagner und klingt überzeugt, „bei guter Pflege, ohne fiebersenkende Arznei und wenn man dem Kind alle Zeit der Welt lässt, um sich zu erholen, ist das kein Problem. Und stärkt das Kind.“
Kritik einer Mutter: Ihr Kind wurde auch durch Impfgegner gefährdet
Bei solchen Argumenten kann Heike Kühn kaum zuhören. „Wenn es das Kind überhaupt unbeschadet überlebt“, sagt sie, „und besonders sauer bin ich, dass letztendlich auch mein Sohn gefährdet wurde.“ Denn er konnte erst mit gut zehn Monaten geimpft werden. Bis dahin wäre er einer von Impfgegnern eingeschleppten Infektion ausgeliefert gewesen.
Ina Schmidt, die Amtsärztin des Burgenlandkreises, kennt solche Fälle. Und sie weiß ganz genau um die Gefahren, die aus Impfverweigerung für die Kinder - und in Kindereinrichtungen auch für andere Kinder entstehen.
Burgenlandkreis blieb bisher von Masernfällen verschont
Obwohl sie für den Burgenlandkreis eine erfreulich positive Impfstatistik geben kann. Was aber nicht heißt, dass Masernfälle - auch mit tödlichem Ausgang, vor allem durch Komplikationen - wie zurzeit in Leipzig hier nicht auftreten können. „Aktuell haben wir keine Masernfälle“, sagt sie.
Auch im Vorjahr blieb der Landkreis verschont, aber 2015 waren es zehn Fälle - von bundesweit 2.600 gemeldeten. „Und im Jahr 2014 traten die Masern nach bestimmt 20 Jahren das erste Mal überhaupt wieder im Burgenlandkreis auf.“ Da gab es drei Fälle.
„Es war ja geplant, dass die Masern 2015 weltweit ausgerottet sind“, so Schmidt, „das ist nicht geschafft worden. Jetzt steht als neues Ziel das Jahr 2020.“
Wie viele Kinder im Burgenlandkreis geimpft sind.
Damit eine solche gefährliche Infektionskrankheit ausgerottet ist, muss weltweit durchgängig ein Durchimpfungsgrad von über 90 Prozent erreicht sein. Der Burgenlandkreis könnte hier als gutes Beispiel gelten.
Bei den Schülern, die 2016 eingeschult worden sind, und die zur Schuluntersuchung einen Impfausweis vorlegten, wurden 98,3 Prozent gegen Masern geimpft. Sie erhielten die Erstimmunisierung gegen Masern, Mumps und Röteln.
94,1 Prozent hatten auch die Zweitimpfung erhalten. In den dritten Klassen sind 99,2 Prozent beziehungsweise 97 Prozent der Kinder das erste und zweite Mal geimpft, bei den sechsten Klassen sind es jeweils über 99 Prozent, wie die Leiterin des Gesundheitsamtes des Burgenlandkreises erläutert.
In welchem Alter Kinder besonders gefährdet sind
An sich sind das gute Zahlen. Doch ein Restrisiko bleibt: Sind die Impfungen zum richtigen Zeitpunkt erfolgt? Ist jemand doch durchs Raster gerutscht - oder ein Impfverweigerer? Dann sind nämlich gerade Kinder unter neun oder elf Monaten gefährdet, denn der Impfschutz durch die Mutter, der in dieser Zeit anhalten sollte, ist nicht wirklich sicher.
Angesichts der vielen Masern-Fälle der letzten Jahre steht jetzt in Berlin wieder das Thema Impfpflicht im Raum. Eltern müssten dann einen ausgefüllten Impfpass vorlegen, um einen Kita-Platz zu bekommen. In manchen Bundesländern, zum Beispiel in Niedersachsen, ist das schon seit einiger Zeit Bedingung. In Zeitz hat man zumindest noch nicht daran gedacht. (mz)