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Landwirtschaft in Haardorf Landwirtschaft in Haardorf: Holländische Familie bringt wieder Leben in Milchviehanlage

Von iris richter 05.10.2015, 12:02
Steven Arendsen hilft beim Kälberfüttern mit. Zweimal am Tag werden die Jungtiere gefüttert.
Steven Arendsen hilft beim Kälberfüttern mit. Zweimal am Tag werden die Jungtiere gefüttert. Hartmut Krimmer Lizenz

haardorf - Rudi (26) und Steven (24) Arendsen lassen die Milch in die Eimer laufen. Gleich beginnen die Kälbchen genüsslich an den Plastikzitzen zu saugen. Gut 35 kleine Bullen und Kühe warten in den wie Iglus aussehenden Boxen im Hof der Haardorfer Milchviehanlage auf ihre abendliche Fütterung. „Eigentlich macht das unsere Kälberfrau, aber heute haben wir das übernommen“, sagt Rudi Arendsen, während er weiter seine Runde dreht. Zweimal am Tag werden die Jungtiere versorgt.

Seit gut zwei Jahren betreibt das Brüderpaar aus Holland, beides gelernte Landwirte, gemeinsam mit Vater Gerrit die Milchviehanlage in dem kleinen Osterfelder Ortsteil. Mehr als ein Jahr hatte der Betrieb leergestanden. Das Unkraut wucherte bereits an allen Ecken und Enden und den Anwohnern war der schlechte Zustand des Gehöfts längst ein Dorn im Auge. „Als wir hier ankamen, haben wir erstmal einen guten Monat aufgeräumt und repariert. Es war richtig viel Arbeit. Am 2. August 2013 stand dann die erste Kuh im Stall“, erinnert sich Steven Arendsen.

Weitere 150 Milchkühe geplant

Das erste Tier, das wie alle anderen Kühe auch von verschiedenen Höfen abgekauft wurde, bekam die Ohrnummer 1 und gehört nach wie vor zum Bestand des Haardorfer Betriebes, der mittlerweile auf 280 Tiere aufgestockt wurde, und auch weiter anwachsen soll, denn die Familie wartet auf die Genehmigung für den Bau eines neuen Stalles, in dem dann weitere 150 Milchkühe untergebracht werden sollen.

„Die Konsumenten wollen Milch in hoher Qualität zu einem günstigen Preis, doch das funktioniert nur mit größeren Betrieben“, sagt Gerrit Arendsen (62). Schon jetzt würde der Milchpreis 6 Cent unter dem Kostpreis liegen, das heißt, man müsse darauf achten, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Doch klagen will die Familie nicht. Im Gegenteil alles würde in Haardorf passen: der Betrieb, der Kontakt zu den Anwohnern, die Integration ins Dorf. Rudi und Steven laufen beispielsweise als Stürmer und Abwehrspieler für die Fußballer von Grün-Gelb Osterfeld mit auf, wann immer es ihnen möglich ist. Und Futter für die Tiere kann man von einem örtlichen Landwirt, ein Landsmann, beziehen. „Es passt eben wirklich alles“, sind sich die drei einig.

Zufällig nach Haardorf verschlagen

Dabei hat es die Familie eher zufällig auf der Suche nach Ställen, die zu verkaufen sind, nach Haardorf verschlagen. Vater Gerrit, der bereits in Holland einen kleineren bäuerlichen Familienbetrieb mit Kühen und Schweinen führte, kam 1995 auf der Suche nach einem größeren Betrieb ins sächsische Falkenhain bei Wurzen. Dort wuchsen Rudi und Steven praktisch auf, was ihren sächsischen Dialekt erklärt. Als der Familienbetrieb im Sächsischen zwölf Jahre später weiter wachsen wollte, erinnerte sich Gerrit Arendsen auch an einen Traum, der ihm im Kopf herumspukte. Amerika mit seinen endlosen Weiten hatte es ihm schon lange angetan, und so brach man in Sachsen die Zelte ab und ging ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten, kaufte Land und bereitete alles für den Neustart im Milchgeschäft dort vor. Dann kam die Banken- und Wirtschaftskrise und der Traum zerplatzte. Alles wurde wieder verkauft, und es ging zurück nach Europa. „Aber ich bereue nichts, selbst diese Erfahrung nicht“, sagt der 62-Jährige und Sohn Steven stimmt ihm zu, denn er ging damals mit nach Amerika, machte dort sogar seinen Highschool-Abschluss.

In Haardorf sind die drei nun mittlerweile stolz und zufrieden auf ihren erworbenen Viehbestand. Das erste eigen gezüchtete Kalb hat sein erstes Jungtier bekommen. Und drei Melkern und einer Kälberfrau konnte man einen Arbeitsplatz anbieten. Jetzt fehlt nur noch die Genehmigung für die Betriebserweiterung zum Glück und ein besserer Milchpreis. Aber alle drei blicken optimistisch in die Zukunft. (mz)

Vater Gerrit (l.) und die Brüder Steven und Rudi Arendsen betreiben seit gut zwei Jahren den Kuhstall in Haardorf.
Vater Gerrit (l.) und die Brüder Steven und Rudi Arendsen betreiben seit gut zwei Jahren den Kuhstall in Haardorf.
Hartmut Krimmer Lizenz