«Königin» stellt den Käse her
Würchwitz/MZ. - "Wisst ihr nicht, wer vor euch steht?" - nicht zum ersten Mal hat Liesbeth Brauer aus Würchwitz dem einen oder anderen die nicht ernst gemeinte Frage gestellt. Die 92-Jährige ist nämlich Milbenkäsekönigin. Und einer "Königin" steht diese Frage selbstverständlich zu. Die Seniorin gehört zu jenen, die Spaß verstehen.
Über Milben weiß sie allerhand. Die kleinen Viehcherchen staksen auf acht Beinen und zählen laut Insiderwissen mit einer Körpergröße von 0,3 Millimetern zu den kleinsten Haustieren Deutschlands. Damit nicht genug. Die winzigen Wesen bringen Würchwitz ganz groß raus. Sogar in einem großen Hotel in Weimar werden diese als Spezialität angeboten. Milbenkäse hat in Würchwitz eine lange Tradition. Die Seniorin befasste sich ihr Leben lang damit. "Schon meine Großmutter stellte den her", erzählt die Seniorin. Fast jeder Bauernhof habe das in eigener Produktion getan und auf dem Markt verkauft. Neben dem Milbenkäse habe es außerdem eine Art Magerkäse gegeben. Als sie 1935 / 36 bei einem Bauern in Osterfeld in Stellung gewesen sei, habe sie dort ebenfalls Käse verkauft. Käse habe zum täglichen Leben damals einfach dazu gehört.
Es gebe viele kleine Kniffe, die es zu beachten gelte und es dauere nun mal seine Zeit, bis man im Geschick sei. So mancher, der sich mit dem Milbenkäse befasste, hat die Sache wieder hingeschmissen, weil es nichts wurde. Wichtig sei die Quarkmasse, zu der Salz und Pfeffer hinzukommen. Am allerbesten wäre, wenn man die Masse selber herstellt, denn die müsse stimmen. Frau Brauer arbeitet als Besonderheit Holunderdolden mit ein, die ihrem Käse den besonderen Geschmack geben. Die birnenförmigen Gebilde landen zum Trocknen auf einem Brett. Und erst wenn die Teile genügend getrocknet sind, kommen sie in die mit Milben gefüllte Kiste. Jetzt gibt es Arbeit für die kleinen Tierchen, die sich von innen und außen durch den gerollten Käse arbeiten. Die lichtscheuen Hausgenossen sollen sich wie im Flug vermehren. So heißt es, dass ein Weibchen aller 14 Tage 40 Eier legt.
Ist der Käse erst einmal in der Holzkiste gelandet, sei auch das Mehl wichtig, am liebsten Roggenmehl. Das sei für die Milben gedacht, ansonsten stürzen sie sich zum Fressen auf den Käse. Ist der nach etwa zwei bis drei Monaten gut, werde der Milbenkäse entweder verschenkt oder selbst gegessen.
Auf den genauen Zeitpunkt der Entnahme aus der Kiste komme es ebenfalls an. Der Milbenkäse dürfe nicht zu trocken sein, aber auch nicht zu feucht. Mitunter sei dieser bei einigen Herstellern zu trocken. Mit 92 Jahren ist Liesbeth Brauer eine der ältesten, die sich mit dem Käse auskennt. Aber das wiederum dürfte Liesbeth Brauer, deren Mann Willy 1992 verstarb, wahrscheinlich egal sein. Egal ist ihr aber nicht, wie Bayern München spielt. Sonnabends vor dem Fernseher sehe sie sich mit Begeisterung die Bundesliga an. "Haben die Bayern meistens ein Glück", kennt sich die Seniorin aus. Und Boxen schaue sie sich an. Mit Sportlern aus dem Burgenlandkreis weiß sie nicht viel anzufangen. Bis auf eine Einschränkung: "Unsere Kegler aus Würchwitz, die kenne ich alle."
Der nächste Milbenkäsefrühschoppen findet anlässlich des Kleefestes in Würchwitz am 22. Juni um 10 Uhr statt.