Kommentar zu den Stadtwerken Zeitz Kommentar zu den Stadtwerken Zeitz: Korruption im Keim ersticken

Zeitz - Seit der Abberufung des langjährigen Geschäftsführers Andreas Huke kommen immer mehr Vorwürfe ans Licht, die berechtigte Zweifel am Moralverständnis vieler Beteiligter bei der Stadtwerke Zeitz GmbH aufkommen lassen.
Waren die offenbar über Jahre hinweg organisierten Fußballreisen wirklich alle nötig? Wurden zwölf Gäste pro Spieltag – wie Ex-Chef Huke in einer Stellungnahme erklärt – wirklich allein im Sinne des Unternehmenserfolges und im Interesse der Kunden eingeladen? War wirklich jeder Dienstwagen nötig und völlig transparent finanziert und dokumentiert?
Die Unternehmensgewinne stimmten, sein Vertrag wurde stets verlängert, sämtliche Untreue-Vorwürfe entbehren jeder Grundlage, erklärt der gefeuerte Stadtwerke-Chef Andreas Huke, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Fragwürdige Unternehmenskultur bei den Zeitzer Stadtwerken
2008 sprach der Bundesgerichtshof (BGH) den Ex-EnBW-Chef Utz Claassen frei, der Tickets für die Fußball WM 2006 an hochrangige Politiker verschenkt hatte. Das Urteil fällten die Richter damals durchaus zähneknirschend. Die Grenzziehung zwischen Repräsentation und Einflussnahme sei fließend, hieß es in der Begründung.
Der BGH sagte aber auch, dass Einladungen zu Freizeitveranstaltungen die Eingeladenen durchaus beeinflussen können. Wichtig sei deshalb, ob sie plausibel sind und wie „heimlich“ sie passieren.
Wie plausibel ist die Einladung eines Energieversorgers an Mitglieder der Polizeispitze? Unabhängig von Recht und Unrecht offenbart sich hier eine Unternehmenskultur, wie man sie höchstens bei skandalumwitterten DAX-Schwergewichten vermutet hat.
Selbst wenn man die Grenzen der Wirtschaftsförderung wohlwollend auslegt, stellt sich die Frage, warum der Zeitzer Energieversorger eine derart lange Gästeliste in seiner Gelsenkirchener Fußball-Loge hatte, was die Aufsichtsräte des Unternehmens oder Vertreter anderer kommunaler Firmen dort zu suchen hatten.
Ging es Ex-Chef Andreas Huke und einigen Gesellschafter-Vertretern der Stadtwerke womöglich auch um Einfluss, Anerkennung und Macht?
Die städtischen Vertreter in dem Zeitzer Unternehmen müssen sich fragen lassen, wie all das jahrelang ungehindert passieren konnte und wer davon wusste: Der Abschluss von Pachtverträgen – etwa einer teuren Loge im Gelsenkirchener Fußballstadion – und die schrittweise Erhöhung der Kundenpreise in den vergangenen Jahren bei gleichzeitigen Rekordgewinnen sind unter normalen Umständen nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrates möglich.
So steht es im Gesellschaftervertrag der Stadtwerke Zeitz GmbH, der der MZ vorliegt. Es gibt in der Regel zwölf Mitglieder im Aufsichtsrat. Sechs von ihnen entsendet die Stadt Zeitz. Vorsitzender ist in der Regel der amtierende Oberbürgermeister der Elsterstadt.
Im Grunde kann in dem Gremium, das allen wesentlichen Entscheidungen zustimmen muss, nichts ohne Wissen und Wollen der Stadt Zeitz passieren – und doch ist es so geschehen. Und nicht nur die Stadt Zeitz ist zu 49 Prozent Miteigentümer der Stadtwerke. Auch die anderen Mitgesellschafter des Unternehmens gehören mehrheitlich Kommunen.
Die Gelsenwasser AG ist zum größten Teil in der Hand der Städte Dortmund und Bochum. Fast die Hälfte von Envia M gehört 650 ostdeutschen Kommunen. Die Stadtwerke Detmold gehören zu rund 75 Prozent ihrer Heimatstadt. Kurzum: Die Zeitzer Stadtwerke gehören den Bürgern - vor allem den Zeitzern.
Neuanfang bei den Stadtwerken in Zeitz notwendig
Ihnen steht Transparenz zu. Das Unternehmen braucht einen Neuanfang und muss die eigene Glaubwürdigkeit wiederherstellen.
Die Grauzone zwischen Sponsoring und Vorteilsgewährung muss beseitigt werden. Eine Compliance-Richtlinie, die rechtmäßiges und moralisches Handeln fordert, wäre ein erster Schritt.
So ein Regelwerk könnte die Teilnahme an Veranstaltungen nur für Fälle erlauben, die geschäftsüblich sind und die auch dienstrechtlich keinen unangemessen hohen Wert darstellen.
So etwas ist woanders durchaus üblich. Ein Dienstwagen für Aufsichtsräte wäre dann undenkbar. Fußballeinladungen an Polizeibeamte ebenso. Oberbürgermeister Christian Thieme (CDU) sollte sich als Zeitzer Gesellschaftervertreter offensiv für solche Regeln stark machen, statt sich bedeckt zu halten. (mz)