Hochwasser in Zeitz Hochwasser in Zeitz: Die Zupacker in der Not

Wetterzeube/elsteraue/zeitz/And/yve/clp/jur/MZ - Das Hochwasser hat gezeigt, dass viele Menschen in der Region in der Not zupacken können und auch wollen. Diese vier Helfer packten auch fleißig mit an.
Uwe Klawonn
Diese acht Tage im Hochwasser wird Uwe Klawonn nicht vergessen. „Am emotionalsten waren für mich die Evakuierungen. 53 Frauen, Männer und Kinder mussten Haus und Hof verlassen, vier mit dem Hubschrauber und weitere spektakulär mit dem Rettungsboot. Bilder, die man nicht vergisst“, sagt Klawonn mit einigen Tagen Abstand. Seit 33 Jahren ist er bei der Feuerwehr, seit 13 Jahren steht er den Freiwilligen von Wetterzeube vor. Freitagnacht (31. Mai) bis zum Donnerstagabend war er im Dienst, koordinierte den Einsatz. Allein in Wetterzeube wurden 12 000 Sandsäcke verbaut. Klawonn ist von der großen Hilfsbereitschaft beeindruckt: Alle 29 Aktive, Jugend-, Alters- oder Ehrenabteilung - von der Feuerwehr waren alle beim Kampf gegen das Hochwasser dabei. Darunter auch seine 22-jährige Tochter und der 13-jährige Sohn. Die Ehefrau brachte frische Wechselsachen. Dass der Selbstständige acht Tage lang kein Geld verdiente, darüber redet er nicht. Vielmehr ärgern ihn die Schaulustigen: „Wir haben 20 Autokennzeichen aufgeschrieben und Strafanzeige gestellt.“ Doch die Einsätze hinterlassen nicht nur emotionale Spuren. Neue Gummistiefel und Watthosen müssen bestellt werden, auch zwei Pumpen gingen kaputt. Doch auf der anderen Seite bekam die Feuerwehr Verstärkung - vier freiwillige Helfer wurden Mitglied in der Wehr.
Andreas Buchheim
„Ich bin absolut überwältigt gewesen, wie die Feuerwehrleute Tag und Nacht, ohne zu murren, durchgezogen haben. Dafür möchte ich ihnen danken.“ Das sagt der Profener Andreas Buchheim, der als Mitglied im Hochwasserstab der Gemeinde Elsteraue mindestens genauso wenig „gemurrt“ hat, wie alle anderen 120 Einsatzkräfte. Gemeinsam mit Axel Fickler und Marco Schmeißer war Buchheim für den Bereich Feuerwehr im Hochwasserstab zuständig. Unermüdlich waren die Drei in den Orten der Gemeinde unterwegs, sichteten die Lage, sprachen mit den Einsatzkräften, orderten Material, packten natürlich mit an. Schwerpunkte für die Feuerwehren gab es in der Elsteraue viele. Manche haben die Einsatzkräfte noch Tage nach dem Hochwasser in Atem gehalten. Genauso wie manches Schicksal, manches Bild sie immer noch bewegt. „An Schlaf war für alle nicht zu denken. Wir waren ununterbrochen in Einsatzbereitschaft. Die Feuerwehrleute standen, wenn sie nicht gerade draußen im Einsatz waren, in den Gerätehäusern auf Abruf bereit“, erklärt der Gemeindewehrleiter. Dieses Engagement hat ihn sehr beeindruckt. Aber auch den vielen Freiwilligen, den Firmen und Unternehmen, die spontan anpackten, gilt sein Dank. „Und besonders Axel Fickler, der das Hochwasserkonzept für die Gemeinde erstellt und ins Leben gerufen hat“, so Buchheim.
Christine Plotek
Ein einziges Gericht in Sachsen-Anhalt wurde vom Hochwasser getroffen, das Zeitzer Amtsgericht. Dort hatte das Wasser allerdings verheerende Folgen: Eine gute Woche war der Strom ausgeschaltet, ging kein Telefon, fand keine Verhandlung statt, herrschte Ausnahmezustand. Eine Woche, in der Christine Plotek - wie 143 andere Rechtspfleger, Richter, Helfer aus Zeitz wie anderen Gerichten - anpackte, sauber machte, rettete. Amtsgerichtsdirektor Ernst-Wilhelm Schulze schlägt sie vor, sie findet aber nichts Besonderes an ihrem Einsatz. Findet nichts daran, dass sie am Montag (3. Juni) erst umkehren muss, weil die Albrechtstraße unter Wasser steht, ans Haus kein Rankommen ist. Nichts daran, dass sie am nächsten Morgen dennoch pünktlich wiederkommt. „Ich habe die Gummistiefel eingepackt und bin los - an der Zekiwa-Kreuzung musste ich sie anziehen.“ So war sie als eine der Ersten vor Ort. Das Wasser war zurückgegangen, stand aber im Keller noch 60 Zentimeter hoch. Ab Dienstagmittag pumpte das Technische Hilfswerk Wasser ab. Dann konnten Christine Plotek und die Kollegen loslegen. Sie schoben das Wasser raus. Dann den Schlamm. Immer wieder, denn auf dem unebenen Boden floss nichts ab. Zum Mittwoch stieg das Wasser wieder, dieses Mal pumpte die Feuerwehr. Wieder wurde geschoben. Muskelkater bei den ungewöhnlichen Bewegungen? - „Klar, aber der ist doch schon lange wieder vergessen.“ Die Mitarbeiter schafften unbrauchbar gewordene Möbel und Technik raus, säuberten nutzbare Regale. Es wurde öfter mal spät. Und auch am Sonnabend war sie wieder dabei. Da wurden die durchweichten Akten für die professionelle Trocknung bereitgelegt.
Kristian Holitschke
Dreimal 24 Stunden Einsatz - davon ahnte Kristian Holitschke, der Wachleiter der Zeitzer Feuerwehr, nichts, als er am Donnerstag, dem 30. Mai, seinen 24-Stunden-Dienst antrat. Dann kam der Starkregen. Das hieß Keller auspumpen, die Unterführungen in Zeitz standen unter Wasser. Ein Baum stürzte auf die Fahrbahn. „Das waren noch die normalen Probleme“, sagt Holitschke. Dann stieg der Pegel der Weißen Elster. Die Ereignisse überschlugen sich. Holitschke „machte bis Montag durch“. Eine kurze Pause versuchte er auf dem Feldbett einzulegen, aber selbst dazu war er viel zu unruhig. Einmal fuhr er für zwei Stunden nach Hause, da kam die erste große Flutwelle, der Alarm ging, und er fuhr wieder los. „Es waren ja auch ganz andere Aufgaben, die auf einmal vor der Feuerwehr standen“, sagt er, „wir sind in erster Linie für den Brandschutz da.“ Jetzt hieß es Sandsäcke füllen, an Ort und Stelle bringen, Deiche erhöhen, Evakuierungen durchführen, die Pumpen waren im Dauerbetrieb. Sie mussten mit den Menschen reden, die ihre Häuser nicht verlassen wollten, sie notfalls mit dem Schlauchboot abholen. Mittlerweile kam er ganz gut mit den kurzen Pausen von einer, vielleicht zwei Stunden zurecht. „Aber so wie mir ging es allen Feuerwehrleuten, die im Einsatz waren, den Helfern vom THW, den vielen freiwilligen Helfern in der Stadt“, sagt Holitschke. Als einen der schwersten Momente beschreibt er den Zeitpunkt, als die Kindertagesstätte „Kleine Strolche“ aufgegeben werden musste. „Wir hatten stundenlang mit Eltern, Erzieherinnen und Helfern gekämpft, das tat weh.“ Nach der Flut gab es neue Aufgaben. Er zuckt mit den Schultern: „14 Tage Dauereinsatz, aber den hatten in dieser Zeit viele.“

