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Historische Tretautos Historische Tretautos: Verloren geglaubte Raritäten entdeckt

Von Sebastian Münster 08.04.2017, 10:00
Ein Tretauto aus der Naetherproduktion, Baujahr um 1930/1935
Ein Tretauto aus der Naetherproduktion, Baujahr um 1930/1935 Museum

Zeitz - Das Schwibbogenhaus im kleinen Erzgebirgsörtchen Gelenau ist nicht nur für seinen riesigen Lichterbogen bekannt. Hier lagern auf zwei Etagen rund 4.000 Exponate aus der Sammlung von Erika Pohl-Ströher. Die im Vogtland geborene Chemikerin war nicht nur Tochter der Gründer des Wella-Kosmetikkonzerns, sondern auch eine begeisterte Sammlerin erzgebirgischen Kunsthandwerks.

Mittlerweile beherbergt das nach Pohl-Ströher benannte Depot aber zahlreiche Sammlungen privater Leihgeber. So auch die historischen Tretautos des Chemnitzer Sammlers Eckart Holler.

Zeitzer entdecken „Naether“-Schriftzug auf den Kühlergrills der Tretautos

Die Ausstellung ließen sich auch die Mitglieder des Vereins Berg- und Wanderfreunde Zeitz nicht entgehen. Bei einem Besuch im Dezember streiften die Zeitzer durch das Depot, das nur an 100 Tagen im Jahr, in der Weihnachts- und der Osterzeit, geöffnet hat. Dabei fiel Vereinsmitglied und FDP-Stadtrat Lothar Schröder der „Naether“-Schriftzug auf den Kühlergrills der kunstvoll aus Blech gestalteten Nobelkarossen für Kinder auf.

Schnell war klar, dass es sich um den bekannten Zeitzer Familiennamen handeln muss, der vor allem für Kinderwagen steht. Als Ernst-Albert Naether, Urenkel des Begründers der Kinderwagenindustrie der Elsterstadt, von den Exponaten erfuhr, musste er die Stücke selbst sehen.

Unter den Spielzeug-Raritäten auch ein Dreirad aus Holz

In Gelenau angekommen, traute Naether seinen Augen nicht: „Ich dachte, die sind alle verschollen. Ich kannte die meisten ja nur aus Katalogen.“ Umso gerührter war der 81-Jährige, als die seltenen Kinderkarossen nun vor seinen Augen standen. Unter den Spielzeug-Raritäten fand er auch ein Dreirad aus Holz, welches er in Kindertagen selbst durch Zeitz bewegt hat. Insgesamt 23 Fahrzeuge aus Naether-Produktion sind in der erzgebirgischen gemeinde Gelenau zu sehen.

Seit 2012 steht die Privatsammlung im dortigen Depot Pohl-Ströher. Produziert wurden die meisten der handwerklich aufwendig gestalteten Kinderspielzeuge in den Jahren zwischen den Weltkriegen, so Depot- und Ausstellungsleiter Michael Schuster. Bis zu 25.000 Besucher hat die privat geführte Schau jedes Jahr.

Wie hoch die produzierten Stückzahlen der Kinderautos sind, ist Ernst-Albert Naether nicht bekannt

Wie hoch die produzierten Stückzahlen der Kinderautos sind, ist Ernst-Albert Naether nicht bekannt. Doch viele dürften es nicht gewesen sein, ist sich der 81-Jährige sicher. Und er muss es wissen: Gerade erst hat Naether als Herausgeber mit dem Zeitzer Heimatforscher Petrik Wittwika die Geschichte des 1846 gegründeten Familienunternehmens in ein Buch gegossen und etliche Fakten zur Naether-Produktion gesammelt.

Nun wünscht sich der vierfache Familienvater, die seltenen Spielzeuge in einer Sonderausstellung im Museum im Schloss Moritzburg zu sehen. Allerdings nicht vor 2018. „Schließlich soll das nicht mit der Pflug-Ausstellung kollidieren“, so der 81-Jährige, der auch Domherr und Mitglied im Förderverein der Vereinigten Domstifter ist.

Das Einverständnis des Sammlers Eckart Holler hat Naether nach eigenem Bekunden bereits. Sponsoren, die den finanziellen Part erleichtern sollen, will er außerdem organisieren. Gespräche mit der Stadt, die das Museum betreibt, gab es bereits, so Pressesprecherin Susanne Janicke. Geprüft werden soll nun, wie hoch der finanzielle Aufwand einer Sonderausstellung neben dem ohnehin geplanten Programm wäre. (mz)

Ernst-Albert Naether hat sich kürzlich in das Goldene Buch der Stadt Zeitz eingetragen.
Ernst-Albert Naether hat sich kürzlich in das Goldene Buch der Stadt Zeitz eingetragen.
Torsten Gerbank