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Historische Industrieaufnahmen aus Zeitz Historische Industrieaufnahmen aus Zeitz: Hier wurden Pianos von Weltrang gebaut

Von Angelika Andräs und Petrik Wittwika 11.05.2016, 05:00
Hoelling & Spangenberg gehört zu den klangvollen Namen im Klavierbau. Produziert wurde in der Fabrikstraße mit 400 Leuten. 1885 musste die Firma Konkurs anmelden und wurde 1887 neu gegründet.
Hoelling & Spangenberg gehört zu den klangvollen Namen im Klavierbau. Produziert wurde in der Fabrikstraße mit 400 Leuten. 1885 musste die Firma Konkurs anmelden und wurde 1887 neu gegründet. Petrik Wittwika

Zeitz - Zeitz war einst die Stadt des europäischen Klavierbaus. Geblieben sind Ruinen, im besten Fall leere Flächen von einem einzigartigen grandiosem Kapitel Zeitzer Industriegeschichte. Mit den Abrissen der ehemaligen Firma von Adolph Kummer zwischen Tröglitzer und Freiligrathstraße und des Möbelhauses in der Schützenstraße fiel wieder ein Stück Zeitzer Industriegeschichte dem Abrissbagger zum Opfer.

Europäisches Zentrum namhafter Pianofortefabriken

Beides waren Stätten eines einst blühenden Wirtschaftszweiges, des Klavierbaus. Insbesondere in den Jahren vor und nach 1900 war Zeitz ein bedeutendes europäisches Zentrum namhafter Pianofortefabriken, die sich Absatzmärkte rund um den Globus gesichert hatten. Pro Jahr wurden damals gut und gerne 1.000 Klaviere gebaut. Nicht einfach Qualitäts- und Markenware, sondern Instrumente, die höchstem künstlerischen Anspruch gerecht wurden. 1891 werden im Zusammenhang mit einer Gewerbe- und Industrieausstellung genannt: R. Hupfer & Co., Morenz & Schemelli, Oscar Gerbstädt, F. Geißler, C. Hölling & Spangenberg, Albert Fahr, E. Rübner & Co. und P. Schmidt & Sohn, Firma Krietzsch. Hinzu kamen zahlreiche Betriebe als Zulieferer.

Hinter den Namen Casiraghi, Clingestein, Fleischer, Köhler und Hölling & Spangenberg stehen frühe Unternehmen der historischen Fabrikstraße und heutigen Freiligrathstraße. Direkt gegenüber von „Hölling & Spangenberg“ produzierte die Firma Albert Fahr, das sich hervorhebende markante und denkmalgeschützte rote Fabrikgebäude aus solidem Ziegelmauerwerk war der architektonische Beleg für den Erfolg dieses Unternehmens in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts. Flügel, sogenannte Grand Pianos, und Klaviere der Marke Albert Fahr erklingen noch heute rund um den Globus. Vom Gebäude ist nichts mehr zu sehen. Im Januar 2015 wurde der zu DDR-Zeiten als Dienstleistungskombinat genutzte Gebäudekomplex, der inzwischen völlig verfallen war, abgerissen.
Den Standort der Firma Hupfer in der Liebknechtstraße markiert heute ein Möbelhaus. Das ist allerdings auch schon jahrelang geschlossen. Dabei war es doch gerade ein Hupfer-Flügel, der die Brücke zur heutigen Partnerstadt Tosu in Japan schlug. Auf einem solchen spielte ein japanischer Kamikaze-Pilot vor seinem Einsatz noch einmal die Mondschein-Sonate.

Baugrube am Schützenplatz

Klaviergeschichte blieb in Zeitz allerdings noch bis in die 1990er Jahre lebendig. So lange zumindest, wie das markante, ja dominante Gebäude des Volkseigenen Betriebes (VEB) Piano-Union am Schützenplatz noch stand. Produziert wurde in dem auch die überbaute von-Harnack-Straße auffallendem Objekt noch bis 1991. Der Abrissbagger kam 1996. Hier sollte Großes entstehen: ein Einkaufszentrum für die Innenstadt. Geblieben ist eine Baugrube. (mz)