Hehlerei in 70 Fällen? Hehlerei in 70 Fällen?: Streit und widersprüchliche Aussagen vor Gericht

Zeitz/Halle (Saale) - Am zweiten Verhandlungstag gegen einen 40-jährigen Zeitzer wegen Hehlerei in 70 Fällen ist es vor dem Landgericht in Halle fast zum Eklat gekommen. Gleich vier Zeugen, die alle in Handschellen vorgeführt wurden, konnten oder wollten den Angeklagten nicht belasten und ergingen sich in widersprüchlichen Aussagen. Das sorgte für Unmut auf der Richterbank, aber auch bei der Staatsanwaltschaft. Es wurde laut im Gerichtssaal.
„Seien Sie still, wenn ich rede“, schrie zum Beispiel der 31-jährige Ronny W. die Staatsanwältin an und bekam fast ein Ordnungsgeld aufgebrummt, worauf er nur mit „Ist mir doch schnuppe“ reagierte. Daraufhin erklärte die Vorsitzende Richterin dem Zeugen lautstark, was sie von ihm wolle. „Ich will, dass Sie hier die Wahrheit sagen und nicht versuchen, den Angeklagten zu schützen“, sagte die Richterin. Denn W. tat fast nichts anderes, als monoton im Stile eines Gangsta-Rappers seine Aussage immer wieder runterzuleiern.
„Ich hatte früher Wahnvorstellungen wegen meiner Drogenvergangenheit“
Dass er den Angeklagten gut kenne, aber nichts davon mitbekommen habe, dass der Zeitzer Diebesgut an- und wieder verkauft habe, um damit seinen Drogenkonsum zu finanzieren. „Ich hatte früher Wahnvorstellungen wegen meiner Drogenvergangenheit. Außerdem bin ich seit Jahren im Gefängnis“, warf er dem Gericht entgegen. Dass er bei der Polizei teilweise vollkommen anders ausgesagt und den Angeklagten damit belastet hatte, war für den Zeugen offenbar bei der Verhandlung belanglos.
Genauso erging es dem Gericht mit drei weiteren Zeugen. Auch Nummer zwei wurde aggressiv, als die Staatsanwältin ihn mit seiner Polizei-Aussage konfrontierte. Uwe S. sprach aber im Zeugenstuhl lediglich von geliehenem Geld, abgestellten Fahrrädern und gelegentlichen Treffen. Den Vorwurf der Anklage, dass er aber einer der Haupt-Lieferanten an Diebesgut gewesen sein sollte, wollte er nicht stehen lassen.
„Schon komisch, dass in diesem Verfahren sämtliche Polizei-Protokolle falsch zu sein scheinen“
Ganz ähnlich war es bei Heiko B., der ebenfalls nichts von der Hehlerei des Angeklagten gewusst haben wollte. Obwohl er mit dem Zeitzer gut bekannt sei und sie zusammen schon Drogen konsumiert hatten. Zeuge Nummer vier, Christopher S., konnte ebenfalls nichts mit seiner Aussage bei der Polizei anfangen und verleugnete diese, wie die drei Zeugen, allesamt Freunde oder gute Bekannte des Angeklagten, zuvor. „Schon komisch, dass in diesem Verfahren sämtliche Polizei-Protokolle falsch zu sein scheinen“, bemerkte die Vorsitzende Richterin.
Das Verfahren am Landgericht wird an diesem Dienstag fortgesetzt. (mz)