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Hängen Kranke in der Luft?

Von Maria Barsi 20.06.2006, 18:50

Profen/MZ. - Katrin und Tobias Stahls zweites Kind nach Sohn Patrick leidet an Muskel-Dystrophie. An der unbewegten Mimik hatten sie es zuerst bemerkt. Als er drei wurde, auch an der Sprache. Und doch lief er, fuhr Fahrrad, wurde mit seinen Altersgefährten in die Grundschule Profen eingeschult, ging dann mit ihnen nach Reuden. Die Krankheit aber ließ ihn nicht los. Seit der sechsten Klasse muss er an jedem Schultag im großen Bus ins Landesbildungszentrum Halle für Körperbehinderte fahren. Kurz nach halb 6 geht es los, zurück ist er nach 16 Uhr. Ein langer Tag.

Dazu kommt zweimal in der Woche eine Physiotherapeutin ins Haus, seit es besonders im Winter für Stahls zu schwierig wurde, mit ihm nach Pegau zu fahren. Denn Mutter Katrin ist eine kleine, zierliche Frau, Vater Tobias kann nicht immer von der Arbeit weg. Und der Junge ist groß wie andere Fünfzehnjährige auch. Zum Glück sei Maik selten krank, sagt Katrin Stahl und meint so etwas wie Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Und wenn er doch mal zu Dr. Edith Heinze in die Bahnhofstraße muss, dann schaffen sie es bis dorthin mit dem Schiebe-Rollstuhl. Denn der Elektro-Rollstuhl, mit dessen Hilfe sich Maik selbst fortbewegen kann, wiegt 130 Kilogramm. Zu schwer, um ihn gemeinsam mit Dr. Heinzes Sprechstundenschwestern die Stufen zur Arztpraxis hochzuziehen.

Was der Junge von seiner Hausärztin häufig braucht, sind Überweisungen: ins Schlaflabor nach Apolda, zum Kinder-Orthopäden nach Eisenberg, zur Neuro-Pädiatrie nach Jena. "Was sollen wir nur machen, wenn sie aufhört und keiner nimmt Maik als Patienten? Und schon gar nicht zum Hausbesuch? Die Zeitzer lehnen ab, die aus der Elsteraue auch und in Groitzsch und Pegau hören auch Hausärzte auf. Dann hängen wir in der Luft", sagt Katrin Stahl und es klingt auch eine Spur Wut in der Verzweiflung mit. Maik Stahl, schwer krank und 15 Jahre alt, ist kein Duckmäuser und keiner, der sich verkriecht. Etwa 300 Truck-Modelle zieren sein Zimmer, er spielt Tischtennis, seine Freunde Árpád Hoffmann und Christoph Steintal aus Kindertagen halten zu ihm, die Familie weiß er hinter sich. Aber er ist kein Kind mehr und weiß die Hausarztsituation sehr wohl einzuschätzen, wie sie ab Januar sein könnte. "Das macht mir schon mehr als Angst", sagt er.