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E-Bagger überquert Magistrale E-Bagger überquert Magistrale: Warum der 40-jährige Koloss dafür drei Tage braucht

Von Yvette Meinhardt 15.05.2020, 10:00
So groß wie ein Neubaublock in Zeitz-Ost ist der Eimerkettenbagger 351. Am Donnerstag wurde er in das Abbaufeld Domsen umgesetzt.
So groß wie ein Neubaublock in Zeitz-Ost ist der Eimerkettenbagger 351. Am Donnerstag wurde er in das Abbaufeld Domsen umgesetzt. Hartmut Krimmer

Profen - Ein Eimerkettenbagger so groß wie ein achtgeschossiger Neubaublock überquerte am Donnerstagmorgen die grüne Magistrale im Mibrag-Tagebau Profen. Vom Abbaufeld Schwerzau auf der einen Seite wird das Großgerät bis zum Samstag in das Feld Domsen auf der anderen Seite umgesetzt.

Michael Powels drückt zweimal auf die Hupe, danach auf den Joystick und schon setzt sich der Riese in Bewegung. Leise, fast geräuschlos schleicht der 1.000 Tonnen schwere Koloss über die geschützte Fahrbahn und die Gleise der Bahn. „Er fährt nur sechs Meter pro Minute. Bei einer Strecke von knapp sechs Kilometern kommen wir erst am Sonnabend an“, sagt der Baggerfahrer.

Mibrag-Tagebau Profen überquert ein 40 Jahre alter Koloss die grüne Magistrale

Denn die Kolonne bewegt sich etwa 300 Meter in einer Stunde. Seit fast 40 Jahren arbeitet Powels im Kohleunternehmen, der heutigen Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft (Mibrag). Seit 35 Jahren lenkt er Großgeräte. „Ja, das kann nicht jeder. Man macht zuerst einen Geräteführerlehrgang und anschließend einen Spezialführerschein für Großraumbagger“, erzählt Powels weiter.

Auch im Tagebau lenkt er solch große Technik, doch eine Straßenüberquerung sei noch mal eine andere Hausnummer. Da ist selbst der alteingesessene Fachmann noch ein bisschen aufgeregt. Stolze 6.000 Volt hat die Stromleitung, die den Bagger antreibt. „Es ist ein E-Bagger, der fährt ganz leise“, so der Fahrer weiter. Vor dem Großgerät stehen mehrere Streckenposten, die passen zum Beispiel darauf auf, dass das Stromkabel nicht aus Versehen überrollt wird.

Bagger kann bis zu einer Tiefe von 16 Metern Rohbraunkohle abbauen

Via Funkgeräten sind Fahrer, Leitstand und Streckenposten in ständigem Kontakt. Sein „Fahrerhäuschen“ befindet sich übrigens in luftiger Höhe von zehn Metern. Von hier aus steuert er den Eimerkettenbagger 351. Das Gerät ist 53 Meter lang, 19 Meter breit und 21 Meter hoch. Zum Transport gehört auch ein Bandwagen, der später im Tagebau die Kohle transportiert. Die Straße zwischen Profen und Hohenmölsen war bis zirka 14 Uhr gesperrt.

An seinem Bestimmungsort im Abbaufeld Domsen wird er im dritten Quartal die Arbeit aufnehmen. Dann kann der Bagger wieder bis zu einer Tiefe von 16 Metern Rohbraunkohle abbauen. Die theoretische Förderleistung liegt bei 700 Kubikmeter pro Stunde. Zahlreiche Schaulustige verfolgen das Spektakel am Rande des Tagebaus.

Bagger-Liebhaber und ehemalige Mibrag-Mitarbeiter schauen bei Überquerung zu

„Ich habe als Schlosser den Eimerkettenbagger selbst mit aufgebaut. 1982 ging er zum ersten Mal in Betrieb“, sagt Udo Sander. Damals hätten 120 Arbeiter am Aufbau mitgewirkt. „Es ist faszinierend nach fast 40 Jahren wieder einmal davor zu stehen“, sagt Sander. Der Mann hat gleich seine kleine Enkeltochter und deren Freundin mitgebracht. „Das ist regionaler Sachkundeunterricht“, sagt der Mann aus Gröbitz.

Auch Norbert Arberg ist extra aus Weißenfels gekommen, um die Überfahrt des Riesen live zu erleben. „Ich war 46 Jahre bei der Mibrag und bin in Rente, da oben, auf halber Höhe unter dem Fahrerhaus haben wir unseren Kaffee gekocht“, erzählt Arberg. Er selbst hat viele Jahr diesen Bagger im Tagebau gesteuert und kehrt immer wieder gern zurück. (mz)

Mit einem Joystick steuert Michael Powels den Koloss. Er ist seit 40 Jahren bei der Mibrag und seit 35 Jahren Geräteführer.
Mit einem Joystick steuert Michael Powels den Koloss. Er ist seit 40 Jahren bei der Mibrag und seit 35 Jahren Geräteführer.
Hartmut Krimmer
Wiedersehen am Bagger: Udo Sander, Lutz Prüfer, Hubert Pfeifer und Norbert Arberg (v.l.) lassen sich das Spektakel nicht entgehen.
Wiedersehen am Bagger: Udo Sander, Lutz Prüfer, Hubert Pfeifer und Norbert Arberg (v.l.) lassen sich das Spektakel nicht entgehen.
Hartmut Krimmer