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«Die Ämter nehmen uns jetzt ernst»

Von Bärbel Schmuck 17.05.2005, 19:11

Weißenfels/MZ. - Gute Freunde helfen

"Wir ziehen das Geld wie Kaugummi", sagt Heidelinde Penndorf. "Ostern war es ganz schlimm", blickt die Weißenfelserin zurück. "Unsere Tochter wurde 20. Und wir hatten kein Geschenk für diesen besonderen Geburtstag. Noch nicht mal ein kleines." Doch die Tochter hatte Verständnis.

Langjährige und sehr gute Freunde helfen, damit die Penndorfs an manchen Tagen über die Runden kommen. Für einen Theater- oder einen Museumsbesuch, wie es früher üblich war, reicht das Geld nicht mehr. Und seit der Wende ist die Familie nicht in Urlaub gefahren. "Als unsere beiden Kinder klein waren, haben wir unsere Freizeit in der Natur verbracht, haben Pilze und Beeren gesammelt", erzählt die Mutter. Inzwischen ist der Sohn mit 27 wirtschaftlich selbstständig, während die Tochter auch weiterhin auf die finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen ist. Doch Jammern war noch nie Heidelinde Penndorfs Stärke. Ende August hat sie sich der Bürgerinitiative für soziale Gerechtigkeit in Weißenfels angeschlossen und nimmt jeden Montagabend an den Demos auf dem Marktplatz teil. "Ich kann nicht ruhig zu Hause sitzen und die Idylle unseres Gartens genießen", begründet Frau Penndorf ihr Dabeisein. "Ich wollte einfach was tun", fügt die resolute Frau hinzu, die vor der Wende als gelernte Krankenschwester in einer Betriebspoliklinik arbeitete und später ihren Mann als mithelfende Ehefrau in der Firma unterstützte. Das Aus kam für den Kfz-Service und die Werkstatt von Klaus Penndorf 1996. "Ich habe den Betrieb mit abgewickelt und meine eigene Kündigung geschrieben", erinnert sich Heidelinde Penndorf, die inzwischen ihren Abschluss vor der Industrie- und Handelskammer als Marketing-Kauffrau und Internet-Assistentin absolvierte.

Hunderte unterstützt

Viele Praktika hat sie in den alten Bundesländern durchlaufen. Geld gab es dafür nie. Dafür sammelte sie in punkto Weiterbildung Erfahrungen. Jetzt sammelt sie weiter Erfahrungen im Umgang mit Menschen. Menschen, die die Hilfe der Bürgerinitiative brauchen. Hunderten wurde bisher bei der Beantragung des Arbeitslosengeldes II und der Formulierung von Widersprüchen geholfen. "Wir unterstützen auch bei der Antragstellung für Heizöl.

Mit "wir" meint Heidelinde Penndorf unter anderem Adelheid Hoffmann und Manfred Abraham von der Bürgerinitiative. Diese Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten möchte die beherzte Frau nicht missen. Oft ist der Behördenweg bis zum Bescheid sehr lang, weiß sie. Auch mit einem Rechtsbeistand arbeitet man zusammen. Die Unterstützung Hilfsbedürftiger, auch bei der Beschaffung preiswerter Mietwohnungen, leisten die Vertreter der Bürgerinitiative ehrenamtlich und unentgeltlich. "Wenn von 50 gestellten Widersprüchen fünf positiv entschieden werden", ist das schon ein Erfolg", berichtet Heidelinde Penndorf.

Menschen Mut machen

"Schlimm ist es, wenn plötzlich Leute ohne Geld in der Sprechstunde stehen und Hunger haben. Wenn ich so etwas erlebt habe, bin ich heulend nach Hause gegangen", bekennt die sonst so couragierte Frau. Die soziale Arbeit will sie fortsetzen, Menschen ein Stück an die Hand nehmen, ihnen Mut machen und nicht aufgeben, die Hartz-IV-Gesetzgebung Stück für Stück aufzuweichen und besser zu machen. "Als Bürgerinitiative nehmen uns die Ämter inzwischen ernst", sagt sie. "Auch das ist ein Erfolg, denn das war anfangs das Gegenteil."

Auch die Zusammenarbeit mit den Ansprechpartnern der Arge und mit dem Weißenfelser Landrat sei besser geworden. "Ein gutes Miteinander brauchen wir vor allem, wenn es um Härtefälle geht, wenn zum Beispiel ein Heizölantrag seit Februar nicht bearbeitet wurde, wie es vorgekommen ist.", versichert Heidelinde Penndorf. Gern würde sie sich mit Gleichgesinnten im Verein "Die Tafel" engagieren, den es im Burgenlandkreis gibt.

Eine weitere Sprechstunde bietet die Bürgerinitiative heute von 12 bis 16 Uhr in Weißenfels, Naumburger Straße 13 (Telefon 03443 / 20 04 42) an. Sprechstunden in Hohenmölsen, Friedensstraße 15, jeweils dienstags.