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Dezemberwärme sorgt für Genuss

Von Iris Richter 30.07.2007, 14:39

Roda/MZ. - Dass das Wetter manchmal verrückt spielt, hat nicht immer nur Nachteile. Bernd Schrimpf und dessen Familie, die seit etwas mehr als einem Jahr in Roda eine Schneckenfarm betreiben, können Wetterkapriolen durchaus etwas Positives abgewinnen.

Weil es im Dezember vergangenen Jahres noch einmal warm war, dachten viele der von ihnen gehaltenen Weinbergschnecken wohl, es sei Frühling, öffneten ihre für die Überwinterung gebildeten Kalkdeckel und schlüpften an die Luft. "Die Schnecken hätten keine neuen Kalkdeckel mehr bilden können und wären innerhalb von einer Woche eingegangen, zumal sie auch keine Nahrung gefunden hätten", erklärt der 63-Jährige diese verfrühte "Ernte", mit der man frühestens ein Jahr später gerechnet hatte. Denn die Züchterfamilie machte aus der Not eine Tugend, sammelte die Schnecken ein, ließ sie in Frankreich schlachten und einfrieren und offeriert seit einem knappen Monat den ersten Gästen eigene Schneckenprodukte.

Vor wenigen Tagen ließ sich eine kleine Gruppe rund um Wirtin Elke Lemnitzer, Chefin des Gasthauses "Am See" in Hainspitz bei Eisenberg, über die Rodaer Anlage führen. Die Gäste erfuhren etwas über die Schnecke als solche, über das 2 500 Quadratmeter große Areal, das vorerst noch als Versuchsanlage ausgelegt ist und später einmal vergrößert und als Großfarm ausgebaut werden soll. Und schließlich durften sie probieren, was Eleonore Schrimpf und Schwiegertochter Susanne Barthel aus den Weichtieren vorbereitet hatten. Ein überbackener Toast mit Schneckenfleisch sowie Blätterteigpasteten mit selbst gemachter Schnecken-Kräuterbutter wurde den Gästen unter anderem serviert.

"In der Familie haben wir das natürlich alles selbst probiert, uns schmeckt es hervorragend, aber wichtig ist, wie es bei den Gästen ankommt", macht Bernd Schrimpf deutlich. Denn ihre Produkte wollen die Schrimpfs künftig in Kooperation mit anderen regionalen Erzeugern direkt vermarkten, so wie sie es von Anfang an geplant haben.

Verschiedene Ideen haben die Schrimpfs dafür schon im Kopf. Neben den kulinarischen Führungen für kleine Gruppen, sollen ab Oktober / November Zwölferpacks der Pasteten mit Schnecken-Kräuterbutter aus Roda auf den Markt kommen. Auf ausgewählten Märkten wollen die Schrimpfs Schneckensuppe anbieten und es wird an einem kulinarischen Patent gearbeitet. Mit einem Partner sind sie dabei, eine herzhaft-süße Delikatesse aus den Weichtieren zu entwickeln, die, genossen mit süßem regionalen Wein, den Gaumen von Gourmets kitzeln soll.

Geplant sind aber auch der Bau von Schneckengärten auf Kloster Posa und in Memleben nach historischem Vorbild, so wie sie einst die Mönche anlegten. "Denn die ernährten sich in der Fastenzeit von Schnecken", weiß Schrimpf aus der Literatur. Die studiert er ohnehin emsig, genauso wie er vom Wissen durch seine Mitgliedschaft im Interessenverband Albschnecke und dem Bundesverband Weinbergschneckenzucht profitiert.

Längst kriecht übrigens nicht mehr nur die gewöhnliche Helix Pomatia, die klassische Weinbergschnecke, über die Beete der Rodaer Anlage, auf der rund 10 000 Tiere leben. Seit diesem Frühjahr gehört auch die "Cornu aspersum maxima", eine französische Art, dazu. Diese wächst schneller, ist demzufolge auch schneller reif für die Ernte. "Zumindest theoretisch, denn wie bei allem, so müssen wir auch hier testen, ob die Art mit den hiesigen Bedingungen klarkommt. Letztlich dient unsere Anlage auch mit der Forschung, so arbeiten wir eng mit der Hochschule für angewandte Forschung und Entwicklung in Nördingen zusammen", berichtet Bernd Schrimpf, der sich zudem auch besonders darüber freut, dass die Arbeit der Familie mit der Zuchtanlage nach anfänglicher Skepsis nun bei den Bewohnern im Dorf Anerkennung genießt.