Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Vorgebackene Brötchen fahren Paternoster
DROSSDORF /MZ. - Nicht nur Bäcker arbeiten hier, sondern vor allem Techniker wie Mechatroniker oder Kfz-Mechaniker. Wenn Betriebsleiter Ulrich Siebert durch "sein" Reich in der Gemeinde Gutenborn führt, dann funkeln seine Augen. Seit 17 Jahren lenkt der Bäcker und Ingenieur für Lebensmitteltechnologie die Geschicke der Fabrik, kennt den Standort an der B 2 von Anfang an. Aber was jetzt in Droßdorf neu entstand, ist der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Rund 150 Tonnen Brötchen und Baguette entstehen auf zwei Backstraßen. Hochmoderne Computertechnik führt die Regie. 60 Tonnen Mehl beinhaltet das silbernglänzende Silo, mehrere Lastzüge sorgen täglich für Nachschub.
Der Computer wiegt das Mehl, hinzu kommen Wasser, Salz und Backmittel - natürlich automatisch. Die Zutaten werden in einer großen Wanne geknetet, und dann beginnt die Reise durch die Backstraße der Moderne. Automatisch werden die Teigstücke zu gleichen Teilen portioniert, fahren anschließend bei hoher Luftfeuchte in den warmen Gärraum ein. In Reih und Glied geht es per Paternoster hoch und runter.
Danach macht ein Wasserstrahl den Schnitt ins Brötchen. Weiter geht die Reise in den eigentlichen Backofen. Bei heißen Temperaturen geht es erneut im Paternoster hoch und runter, die Brötchen werden halbfertig gebacken. Im heimischen Herd sollen sie dann in acht und zwölf Minuten fertiggestellt werden. In einem Kühler werden nun Brötchen und Baguette behutsam abgekühlt. Danach können sie im Reinraumbereich unter Schutzatmosphäre verpackt werden. So sind die Produkte über mehrere Wochen haltbar. In Kartons gestapelt, läuft die Ware übers Band in eine zweite Halle. Hier arbeitet ein Roboter modernster Bauart, der gleichzeitig bis zu vier Produkte palettieren kann. Jener Roboter ist das jüngste Kind im neuen Werk, denn er ist gerade mal vier Wochen im Einsatz.
Die benachbarte Spedition hält mit Sinnack Schritt und erweiterte den Betrieb ebenfalls. "Wir beliefern 20 europäische Länder mit unseren Weizenbrötchen, das fängt von Skandinavien an und reicht bis Griechenland", sagt Hartmut Wießner. Der Geschäftsführer aus dem Stammwerk in Bocholt betont, dass damit das Unternehmen europaweit den größten Marktanteil besitze. Jeden Tag werden die Produkte in Droßdorf und in Bocholt verkostet und strengstens kontrolliert. Zur Überprüfung stehen Aussehen und Geschmack, Qualität von Kruste und Krume, Größe der Poren und Schnittfestigkeit. Gleichzeitig überprüfen unabhängige Verbraucher das Produkt, das fängt bei der Fachhochschule Münster an und reicht bis zur Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG). Einhaltung von DIN-Normen und "International Food Standard" (IFS) nennt Wießner eine Selbstverständlichkeit. Er schaut regelmäßig vom Stammhaus aus Bocholt in Droßdorf vorbei. Auch wenn man heute per PC-Technik die Anlagen aus der Ferne steuern kann. "Die Knet-Technik kommt sogar aus Frankreich, und die Monteure können im Notfall von Frankreich aus eingreifen", fährt Wießner fort. Als Geschäftsführer der mittelständischen Firma Sinnack versucht er, Aufträge auch in der Region zu vergeben. So war der Zeitzer Mühlenbau an der Errichtung der neuen Anlage beteiligt, kommt das tägliche Mehl aus verschiedenen Mühlen von Gera bis Leipzig.
Zufrieden schaut Wießner über die zwei neuen Backstraßen in Droßdorf. Ein großes Etappenziel ist erreicht, doch Stillstand gibt es für den Unternehmer nicht. "Nebenan befindet sich noch eine weitere große Fläche", sagt er lächelnd, lässt sich aber nicht weiter in die Karten schauen.