Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Fernziel Drahtseilbahn
Zeitz/MZ. - Neun Aktivisten fanden sich zusammen, um ein einmaliges Relikt aus der Zeitzer Vergangenheit wieder zum Leben zu erwecken - die Zeitzer Drahtseilbahn am Wendischen Berg. Nach einer zweistündigen, sehr abwechslungsreichen Diskussion wurde der erste Stritt gemacht und der Verein "Historische Drahtseilbahn Zeitz" auf dem Papier besiegelt.
Den neun Gründungsmitgliedern fehlt es sicher nicht an Enthusiasmus und Phantasie, so viel steht fest. Allen ist auch klar, dass ein sehr langer Weg vor ihnen liegen wird. Bereits in den Sondierungsgesprächen trafen verschiedene Vorstellungen aufeinander. Das letzte hoch gesteckte Ziel, dass in ferner Zukunft wieder eine Drahtseilbahn den Wendischen Berg befahren wird, haben viele vor Augen. Es stelle sich aber zunächst die Frage der physischen Machbarkeit, konstatiert Reiko Wegner gleich zu Beginn der Sitzung. Reiner Eckel legt in puncto Realismus nach und bekräftigt: "Man muss sich auf 20 Jahre Knochenarbeit einstellen".
Bevor allerdings die Fragen von Nutzen und Machbarkeit des Gesamtvorhabens in Augenschein genommen werden können, muss der Blick auf das alte Gebäude zwischen dem Wendischen Berg und der Thomas-Mann-Straße gerichtet werden. Das Gebäude befindet sich im Privatbesitz. Die Fläche, auf der früher die Schienen verliefen, gehört hingegen der Stadt Zeitz. Das ehemalige Betriebsgebäude ist in einem maroden Zustand: Das Dach hat Löcher, sämtliche Fenster sind vernagelt, im vermüllten Innenhof wachsen gar Bäume. Den Gründungsmitgliedern ist klar: Sisyphus hatte wohl im Vergleich zu ihnen einen leichten Job und dem Ziel - wieder eine historische Drahtseilbahn in Zeitz zu haben - kann man sich nur in kleinen, gut bedachten Schritten nähern. "Ich brauche mich hier nicht hinstellen und jammern!", wirft Reiko Wegner in die Runde. "Vor 17 Jahren haben eine Handvoll Leute das unterirdische Zeitz erkundet und hatten eine Vision, für die sie von vielen belächelt wurden. Schlussendlich gibt es heute ein beeindruckendes, begehbares Gangsystem unter der Stadt - ein Magnet für Touristen aus der ganzen Republik.
Tourismus ist Zukunft für die Stadt." Früher sei Zeitz ein Industriezentrum gewesen, diese Zeiten seien vorbei und man müsse umdenken. Ein Hauptaugenmerk liege jetzt auf Kultur und Tourismus, erklärt Wegner.
Primär- und Sekundärziele
Matthias Enzmann, Mitglied im Stadtmarketing-Verein und Stadtrat der Freien Wähler Zeitz, resümiert die Diskussion und bringt es auf den Punkt: "Wir haben ein Primär- und ein Sekundär-Ziel." Als erstes soll die Bekanntheit der damals fünften Seilbahn dieser Art gesteigert werden. Als kurz-, und mittelfristige Ziele werden hier Sonder-, und Dauerausstellungen mit alten Fotos und Informationen in bereits zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten angestrebt. Der Verein will präsent sein und bei anderen Veranstaltungen um neue Mitglieder, Zeitzeugen und vielleicht auch den einen oder andern Sponsor werben.
Erst später will der Verein sich dann schrittweise und gezielt mit der Umsetzung der einzelnen Meilensteine befassen. "Es ist klar, wir dürfen hier nichts überstürzen, immer der Reihe nach", fügt Eckhardt Bies hinzu. "Wir müssen die Jugend wieder auf das aufmerksam machen, was Zeitz mal hatte und auch wieder haben kann", ruft Manfred Kriegel in die Runde. Er nennt sich selbst einen "Ur-Zeitzer", wurde hier geboren und erlebte die alte Seilbahn noch selbst. Damals wurden Pferdefuhrwerke, die den Berg schwer beladen nicht geschafft hätte, hinaufgezogen. Zehn Pfennig kostete die Reise pro Person, 50 Pfennig mit Handwagen. Mit der Motorisierung wurde die Seilbahn überflüssig und fand ihr Ende in den frühen 1960er Jahren. Heute könnte man sie, zwar nicht als notwendiges Transportmittel, aber als Tourismusmagnet installieren. Eine entscheidende Ergänzung zum geplanten Innenstadtkonzept wäre denkbar: "Die Seilbahn wäre genau zwischen der Fußgängerzone, der Schützenstraße und dem geplanten Einkaufszentrum am Schützenplatz", stellt Reiko Wegner nüchtern fest.
Zwischen den langfristigen Zielen, den alten Drahtseilbahnhof und das Maschinenhaus mit Ausstellungen oder gar einem kleinem Café zu beleben, steht jetzt nur noch der Erwerb und die Sanierung - oder vorläufige Teilsanierung - des Gebäudes. Die Frage des Erwerbs des Gebäudes wurde bei der Gründungssitzung lange und kontrovers diskutiert. Welchen Wert hat das Gebäude jetzt, in welchem Rahmen würden sich die anfallenden Sanierungskosten belaufen. Soll ein Nutzungsrecht, ein Mietvertrag oder ein Erwerb der Liegenschaft angestrebt werden? Wenn der Eigentümer den neuen Wert des Gebäudes erkennt, in welche Dimensionen könnte dann der Preis klettern? Kann das Objekt gar versteigert werden?
Noch viele offene Fragen
Es gibt viele offene Fragen, die zum ersten Vereinstreffen noch nicht beantwortet werden konnten. "Ein Schritt nach dem anderen", mahnt Uwe Gewiese, er hatte im sozialen Online-Netzwerk "Facebook", die zündende Idee und schlug die Aktivierung der alten Bahn in einer Stadt-Zeitz-Gruppe vor. Die Gruppe Drahtseilbahn-Aktivisten hat jetzt 49 Mitglieder. "Die Tatsache, dass wir alle hier an einem Tisch sitzen und reden, ist schon der erste Schritt gewesen, jetzt müssen wir weitermachen", fügt Gewiese hinzu.