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Wie sich ein Zeitzer Quartier entwickelt Badstubenvorstadt im Wandel: Was sich an das ehemalige Zekiwa-Gebäude in Zeitz anschließt

Dort, wo sich einst die Zeitzer Gasanstalt befand, peppen jetzt frische Farbe und Gestaltung der Gerüstbau GmbH die Straßenfront auf. Wie sich hier alles entwickelt hat.

Von Angelika Andräs und Petrik Wittwika 03.02.2025, 07:00
Badstubenvorstadt im Wandel: Farbenfroh präsentiert sich die Zeitzer Gerüstbau GmbH, wo früher die Zeitzer Gasanstalt war.
Badstubenvorstadt im Wandel: Farbenfroh präsentiert sich die Zeitzer Gerüstbau GmbH, wo früher die Zeitzer Gasanstalt war. Foto: Petrik Wittwika

Zeitz/MZ. - Es ist ein echter Hingucker in der Zeitzer Badstubenvorstadt: Die Zeitzer Gerüstbau GmbH hat sich für ihr Gebäude und die Mauer entlang der Straße für Farbe entschieden.

Da das Gelände unmittelbar an die Fläche des ehemaligen Zekiwa-Standorts – und damit an das neue Zeitzer Stadtarchiv im sanierten ehemaligen Produktionsgebäude – anschließt, präsentiert sich die rechte Seite stadtauswärts kurz vor der Engelsbrücke jetzt sehr ansehnlich. Was nicht immer der Fall war, wie ein Blick auf alte Aufnahmen zeigt. Diese Recherche verrät auch, dass sich an dieser Stelle schon einmal ein für Zeitz wichtiges Unternehmen befand: die Zeitzer Gasanstalt.

 Eine Aufnahme der Zeitzer Gasanstalt um 1900 von Arthur Jubelt   zeigt den Gebäudekomplex in der Badstubenvorstadt sehr schön.
Eine Aufnahme der Zeitzer Gasanstalt um 1900 von Arthur Jubelt zeigt den Gebäudekomplex in der Badstubenvorstadt sehr schön.
Foto: Archiv/Arthur Jubelt

Die Fotos zeigen deutlich den Unterschied zu heute und die Veränderung des Straßenzugs. Lange genutzt wurde das Areal Badstubenvorstadt 9 von der Firma Delitzscher Gerüstbau. 15 Jahre schon verschwunden sind die Wohn- und Geschäftshäuser Badstubenvorstadt 8b und 8c. Sie wurden nach Leerstand und Verfall zum Jahreswechsel 2009/10 abgerissen und könnten von so mancher Zeitzer Geschäftsgeschichte berichten. 2019 verschwand ein einstöckiges Gebäude, das zur Badstubenvorstadt 9 und damit zur früheren Gasanstalt gehörte.

2007entstand das Foto, das die leerstehenden und im Verfall begriffenen Wohn- und Geschäftshäuser neben ehemals Zekiwa zeigt.
2007entstand das Foto, das die leerstehenden und im Verfall begriffenen Wohn- und Geschäftshäuser neben ehemals Zekiwa zeigt.
Foto: Petrik Wittwika
Hier sind Reste der Zeitzer Gasanstalt im 2007 zu sehen.
Hier sind Reste der Zeitzer Gasanstalt im 2007 zu sehen.
Foto: Petrik Wittwika

Diese war am 9. Oktober 1859 in Betrieb gegangen. Zu Eröffnungsbeginn brannten nach Angaben von Ernst Zergiebel bereits 110 öffentliche und 117 private Gasflammen, deren Anzahl sich rasch erhöhte. Erst die Verwendung von industriell hergestelltem Leuchtgas brachte den entscheidenden Durchbruch für die wirkungsvolle Beleuchtung von Fabriken, Sälen, Straßen und Wohnungen, weil eine bis dahin nicht gekannte Helligkeit erzeugt werden konnte, die darüber hinaus für die Industrielle Revolution zu einem ganz wichtigen Motor wurde.

Was die Gasanstalt für Zeitz bedeutete

Ein früher Nutznießer dieser Lichterzeugung war das 1831 eingeweihte Gesellschaftshaus „Ressource“ am Kalktorplatz, wo an besagtem 9. Oktober 1859 das „Wiegenfest der neuen Gasanstalt“ mit einem Soupé festlich gefeiert wurde, an dem sich Menschen aus allen sozialen Ständen beteiligt hatten. Der Saal der „Ressource“ war zu jener Zeit der einzige, der mit Gas erleuchtet wurde.

Begonnen worden war mit dem Bau der Zeitzer Gasfabrik im März 1858 unter der Leitung des aus London stammenden Ingenieurs Henry Palfrey Stephenson (1826-1890). 1879 brannten in den Straßen von Zeitz bereits 182 Gaslaternen. Regelrecht ins Schwärmen geriet der Stadtführer aus dem Verlag von Reinhold Jubelt um 1900, sobald „die große städtische Gasanstalt“ in der Badstubenvorstadt beschrieben wird, da sie „durch ihre vorzügliche Beleuchtungsanlage die Straßen, Plätze, Wohnungs- und Geschäftsräume im hellsten Glühlichte erstrahlen und uns das so vielbegehrte elektrische Licht vermissen lässt.“ Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, wird der Schornstein der bereits im Abriss begriffenen ehemaligen Gasanstalt am 5. Oktober 1948 gesprengt.

Die Abbrucharbeiten  erfolgten  im September 2019.
Die Abbrucharbeiten erfolgten im September 2019.
Foto: Petrik Wittwika

An den Anblick der Wohnhäuser, die unmittelbar an Zekiwa anschlossen, können sich viele Zeitzer noch erinnern. Und leider auch an den zunehmenden Leerstand und Verfall nach der Wende. Ende 2009, Anfang 2010 kam hier der Abrissbagger und bald waren die Häuser Badstubenvorstadt 8b und 8c Geschichte. Das ebenfalls rote, allerdings in kräftigem Ziegelrot gehaltene Gebäude, das noch in Fortsetzung der Häuserreihe stand, wurde erst 2019 abgerissen. Die Abrisse beseitigten zwar einen städtebaulichen Missstand, wie es immer so schön heißt, es blieb aber auch eine nicht unbedingt ansehnliche Fläche. Was es jetzt dank der Zeitzer Gerüstbaufirma nicht mehr ist. Es passt sich gut an das sanierte Zekiwa-Gebäude an und zusammen mit dem ebenfalls aufwendig sanierten Eckhaus zur Albrechtstraße wertet es die Badstubenvorstadt auf.