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Awo schließt Begegnungsstätte Awo schließt Begegnungsstätte in Zeitz: Senioren plötzlich ohne Bleibe

Von Yvette Meinhardt 13.11.2017, 08:45
Gudrun Pikoski (rechts), Inge Schusseng und Christine Ludwig gehen fast täglich zur Awo essen. Jetzt soll der Treff geschlossen werden.
Gudrun Pikoski (rechts), Inge Schusseng und Christine Ludwig gehen fast täglich zur Awo essen. Jetzt soll der Treff geschlossen werden. René Weimer

Zeitz - Die Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in der Zeitzer Schützenstraße schließt zum Jahresende. Das bestätigt der Awo-Geschäftsführer Torsten Fulczynski auf MZ-Anfrage. Die Einrichtung sei demnach einfach nicht rentabel. „In den letzten fünf Jahren haben wir rund 100.000 Euro in die Begegnungsstätte in Zeitz investiert, zum Beispiel für Miete und drei Beschäftigte“, sagt Fulczynski. „Es lässt sich nicht mehr finanzieren, das Haus ist nicht rentabel“, so der Awo-Chef in Hohenmölsen, wozu Zeitz gehört. Außerdem seien auch Fördermittel weggefallen.

Kurzum: Das Konzept der Awo ist in Zeitz nicht aufgegangen. „Geplant war ein Treffpunkt für die Wohnanlage, doch die Wohnungen gehören der WBG und so kam es nicht zu dem erhofften finanziellen Miteinander“, fährt der Awo-Chef fort. Im Wohnpark Hohenmölsen funktioniere das ganz gut. Dort gehören die Wohnungen der Awo und auch Fulczynski hat hier seinen Sitz. Es gibt beispielsweise Caféteria, Friseur und Aufenthaltsraum. In Zeitz hingegen ist die Awo nur in dem Haus eingemietet. Insgesamt befinden sich 18 behindertengerechte Wohnungen im Domizil in der Schützenstraße.

Awo-Begegnungsstätte in Zeitz schließt: „Das ist eine Frechheit“

Um die Mittagszeit herrscht reger Betrieb in der Begegnungsstätte. Gudrun Pikoski ist gleich mit den Latschen heruntergekommen und braucht auch keine Jacke, denn sie wohnt hier. „Ich bin vor acht Jahren eingezogen und für mich war es wichtig, dass es solch einen Raum für gesellige Runden gibt“, sagt die Seniorin. Sie kommt fast täglich, isst in geselliger Runde Mittagbrot. „Die Leute ziehen hier ein, weil sie zusammen essen können“, sagt sie. Donnerstags wird danach geskatet, Kaffee getrunken und gemütlich geplaudert.

„Dass die Awo hier zumachen will, ist eine Frechheit“, ärgert sich Inge Schusseng. „Und uns haben sie noch nicht mal was gesagt“, fährt sie fort. Die Seniorin kommt mit dem Taxi aus Zeitz-Ost, denn dort gibt es auch keinen Treff mehr für Senioren. „Wir haben uns so darauf gefreut, dass die Schützenstraße und der neue Edeka-Markt bald fertig sind. Dann hält der Bus vor der Tür und wir kommen gut her“, sagt die alte Dame. Die anderen nicken zustimmend.

Awo-Begegnungsstätte in Zeitz schließt: Wohin sollen die Senioren jetzt gehen?

„Ich werde gar nicht darüber fertig, dass jetzt geschlossen werden soll. Mit uns Betroffenen hat niemand gesprochen“, sagt Christine Ludwig. Sie kommt ebenfalls aus Zeitz-Ost, genauer gesagt aus der Niederkirchner-Straße. „Für unser Alter gibt es nichts, denn der Aufenthaltsraum im Hochhaus ist nur für die Bewohner“, sagt Ludwig. So ist für die Frauen die Begegnungsstätte in der Schützenstraße ein fester Anlaufpunkt. Etwa 15 Personen essen im Domizil Mittag, weitere 15 Mahlzeiten werden für das Awo-Haus in der Leipziger Straße gekocht.

28.653 Männer in Sachsen-Anhalt und 52.779 Frauen über 65 Jahre sind hierzulande von Altersarmut bedroht. Dies geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervor. Sie stammt aus dem Monat September 2017. Armutsgefährdet ist -entsprechend dem EU-Standard - derjenige, dessen Einkommen unterhalb von 60 Prozent des rein statistischen Äquivalenzeinkommens in Deutschland liegt.

Die Grundlagen für die Altersarmut wird demnach meist in der Erwerbsphase gelegt. Beschäftigung im Niedriglohnsektor, familiär begründete Unterbrechungen der Arbeit (wie zum Beispiel Elternzeit), Arbeitslosigkeit, Zeiten der Selbstständigkeit ohne entsprechende Absicherung und Erkrankungen werden in diesem Papier als Hauptursachen für Altersarmut genannt.

Rund 40 Prozent der Grundsicherungsempfänger verfügen über keine Ansprüche aus der gesetzlichen Rente. Dabei geht die Landesregierung nicht davon aus, dass sich das Risiko der Altersarmut in den nächsten Jahren signifikant ändern wird.

Im Burgenlandkreis leben derzeit zirka 181.615 Menschen, davon sind 64.845 über 60 Jahre alt, weitere 49.582 über 65 Jahre und 43.562 über 67 Jahre alt. Angaben, wie viele davon Rente oder Pension beziehen, macht die Landesregierung nicht. (yve)

Doch auch Geselligkeit wird in den Räumen der Awo groß geschrieben. Der Chor Elsterlerchen probt Montags. Frauen und Männer treffen sich seit vielen Jahren in verschiedenen Runden zum Kartenspielen, egal ob Rommé, Skat oder Doppelkopf. Gelegentlich gab es Vorträge der Krankenkasse, Sparkasse und Gewerkschaften, Weihnachtsfeiern und Grillnachmittage. Auch für Selbsthilfegruppen der Blinden und Diabetiker war die Begegnungsstätte ein guter Anlaufpunkt.

Zum 30. November soll sie jetzt schließen, dann wird ausgeräumt und zum 31. Dezember dicht gemacht. (mz)

Der Treff in der Zeitzer Schützenstraße.
Der Treff in der Zeitzer Schützenstraße.
René Weimer