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Alltag in Corona-Zeiten Alltag in Corona-Zeiten: Zahl der Infizierten steigt auch im Burgenlandkreis

Von Angelika Andräs 21.10.2020, 10:01
Silvana Peter weist im Haushaltswarenfachgeschäft nicht nur per Schild auf die Regeln hin.
Silvana Peter weist im Haushaltswarenfachgeschäft nicht nur per Schild auf die Regeln hin. Angelika Andräs

Zeitz - „Den Mund-Nasen-Schutz habe ich immer in der Tasche“, sagt Helmut Schmidt, der im Kaufland an der Friedensstraße einkaufen will. „Es ist eine kleine Mühe, und es kann Menschenleben retten. Wer das nicht tut, der ist vor allem egoistisch.“ Umso mehr, als die Zahlen mit dem Coronavirus Infizierter auch im Burgenlandkreis deutlich steigen (siehe Beitrag „Zwischen 35 und 50“).

Doch nicht alle teilen diese Meinung. Wie sieht es im Alltag aus angesichts der aktuellen Entwicklung in Sachen Covid-19? Die MZ war unterwegs und traf auf unterschiedlichste Meinungen und Verhaltensweisen: Die Stimmung reicht von Angst und Sorge über einen pragmatischen Umgang mit der Situation bis zu Gleichgültigkeit und der Überzeugung, dass „Corona auch höchstens eine Grippe“ sei. Ums Klopapier geht es natürlich auch.

Bloß keinen Lockdown: Händler fürchten um Existenz 

Silvana Peter, Inhaberin des Haushaltswarenfachgeschäfts Spoon in der Zeitzer Innenstadt, ist beunruhigt. Und das aus zwei Gründen. „Die meisten meiner Kunden sind sehr vernünftig und setzen, spätestens wenn ich das tue, auch ihre Maske auf“, sagt sie. Doch sie erlebt es auch anders: „Gleichgültigkeit und eigentlich ja sogar Egoismus nehmen zu, Mund-Nasen-Schutz wird abgelehnt mit dem Satz ,von uns haben sie nichts zu befürchten, wir sind gesund’. Und dann die steigenden Zahlen. Das bereitet mir Sorgen, macht mir Angst.“ Letztendlich auch, weil sie Angst vor einem zweiten Lockdown hat. „Das würden nicht alle Händler in Zeitz überleben.“

Die 7-Tage-Inzidenz liegt im Burgenlandkreis aktuell bei 42,53. Am Montag erreichten die Infizierten-Zahlen einen Höchstwert. Über das Wochenende waren 29 neue Infektionsfälle hinzugekommen. Wie die Kreisverwaltung informierte, hatte damit der Inzidenzwert zum ersten Mal die kritische Grenze von 35 überschritten, er betrug 39,17.

Ab 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sollen nach den Beratungen zwischen Bund und Ländern zusätzliche Beschränkungen gelten. Die beziehen sich vor allem auf das Tragen von Mund-Nasen-Schutz. So gilt ab „35“ eine „ergänzende Maskenpflicht“ schon überall da, „wo Menschen dichter und über einen längeren Zeitraum“ zusammenkommen. Treffen und Feiern sollen beschränkt werden, Sperrstunde und Alkoholverbot werden empfohlen. Noch strengere Regeln gelten ab einer Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche.

Bereits am Freitag, 16. Oktober, hatte der Burgenlandkreis angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung private Feiern auf 25 Personen begrenzt, da viele Infektionsfälle hierauf zurückzuführen seien, wie es aus Naumburg hieß. Ob es weitere Einschränkungen geben wird, hängt von der weiteren Entwicklung ab und soll noch mit der Landesregierung abgestimmt werden.

Sie hat in den Sommermonaten einen richtigen Run erlebt, vor allem auf Töpfe und Bräter. „Wie vor Weihnachten! Offensichtlich haben sich doch viele gesagt, wir bleiben zu Hause und kochen selbst.“ In den letzten beiden Wochen merkt sie aber, dass offensichtlich doch mehr Leute zu Hause bleiben, weil die Situation zunehmend unsicher wird. Weniger Kundschaft hat Marleen Warnicke im SpielZeitz bisher noch nicht. „Es klappt auch alles gut“, sagt sie, „alle setzen die Maske auf.“ Sorgen um die Krankheit mache sie sich weniger, aber umso mehr um einen neuen Lockdown, der ja unter Umständen genau ins Weihnachtsgeschäft fiele.

Wieder verstärkte Nachfrage nach bestimmten Produkten

„Wir haben doch vieles selbst in der Hand“, sagt eine Anwohnerin in der Innenstadt. „Wenn ich meine Einkaufsrunde mache, gehe ich mit Maske aus dem Haus und setze sie zu Hause wieder ab. Wo ist das Problem?“ Ein Ehepaar, das dazukommt, hat sehr wohl ein Problem. „Wir tragen keine Maske, wir sind gesund, von uns kann sich niemand anstecken, wir gehören nicht zu der Hammelherde“, sagt der Mann, der sich knapp mit Fischer vorstellt. Seine Frau betont, dass jeder mit gesunder Ernährung und Bewegung selbst in der Hand habe, ob er „diese Form der Grippe bekomme“. Angst vor Ansteckung haben sie nicht: „Es haben doch fast alle eine Maske auf.“

Ärgerlich finden mittlerweile einige Zeitzer, dass „die Leute schon wieder Klopapier schleppen“. Nein, die Regale sind nicht leer. Aber man sieht in den Einkaufsmärkten durchaus, dass Nudeln, Backmischungen, Mehl, Zucker - und ja, auch Toiletten- und Küchenpapier sowie Taschentücher deutlich mehr gekauft werden, als in den letzten Monaten. Sorgen müsse man sich nicht machen, es sei alles ausreichend auf Lager, beantworten Mitarbeiter geduldig die Nachfragen.

Verstärkte Nachfragen, vor allem nach Handdesinfektion, aber auch nach Vitaminen und Präparaten zur Stärkung des Immunsystems, verzeichnet auch Apothekerin Elke Starke-Kreil, Inhaberin der Mohren-Apotheke. Sie macht vor allem die Erfahrung, dass die Kunden vorsichtiger sind: Mund-Nasen-Schutz wird direkt beim Hereinkommen aufgesetzt. „Aber sie machen sich schon Sorgen, vor allem die Älteren, nehmen die Situation sehr ernst.“ Im Gegensatz zum Frühjahr, wo die steigende Nachfrage plötzlich kam, sind jetzt ausreichend Desinfektionsmittel oder Mundschutz da. Das beruhige viele dann doch wieder etwas. Angst und Panik helfen ohnehin nicht, da sind sich die drei Innenstadt-Unternehmerinnen einig. „Aber Vernunft, Rücksichtnahme, Respekt vor dem Virus und ein Miteinander statt Egoismus sind sehr wichtig“, wie es Silvana Peter auf den Punkt bringt. (mz)

Klare Ansagen gibt es auch an der Tür zum SpielZeitz.
Klare Ansagen gibt es auch an der Tür zum SpielZeitz.
Angelika Andräs