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Zweiter Anlauf klappt Zweiter Anlauf klappt: Marktplatz verwandelt sich in Kaffeetafel für den Frieden

Von Karina Blüthgen 17.08.2017, 08:30
Bei der Kaffeetafel für den Frieden am Mittwochnachmittag auf dem Wittenberger Marktplatz blieb kaum ein Platz frei.
Bei der Kaffeetafel für den Frieden am Mittwochnachmittag auf dem Wittenberger Marktplatz blieb kaum ein Platz frei. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Bei etwas weniger Wind müsste an diesem Mittwoch ein unwiderstehlicher Duft auf dem Markt herrschen, nämlich der nach frischem Kaffee und leckerem Kuchen. So aber bleibt ein verführerischer Anblick von Gebackenem, der ziemlich allen die Wahl am Kuchenstand schwer macht. Quark, Kirsche oder doch lieber Johannisbeere?

Der halbe Marktplatz in Wittenberg ist in eine Kaffeetafel verwandelt. Genauer sind es 41 kleine Tafeln. Und es bleiben kaum Plätze frei im Verlauf des Nachmittags. Die Kaffeetafel für den Frieden lockt Leute aus nah und fern, den zielgerichteten Wittenberger wie den zufälligen Touristen zum Verweilen an.

Wichtig ist das Anliegen: der Frieden

Natürlich bringe sie das Anliegen hierher, sagt Hannelore Clemens. „Kaffee und Kuchen haben wir auch zu Hause“, so die Wittenbergerin. „Ich war sogar schon zum ersten Termin hier, aber da war nichts.“ Der erste Termin war vor fünf Wochen, in der Themenwoche Frieden des Reformationssommers. Doch just an dem Tag fühlte sich auch eine Gewitterfront eingeladen und ließ den ursprünglichen Plan platzen.

27 Unterstützer aus der Region, dazu das Unternehmen Darboven für den Kaffee, hat Organisatorin Christa Rath, Ehrenvorsitzende des Dehoga-Kreisverbandes, für die zweite Auflage der Kaffeetafel für den Frieden gefunden. Die Einnahmen kommen zwei Projekten der Kinder- und Jugendförderung zu gute.

Der Verein der Kinder- und Jugendfreizeittätigkeit der Stadt Wittenberg, Träger von acht Jugendeinrichtungen, möchte ein Dominospiel für den Außenbereich selbst bauen und gestalten. Der Mini-Club ganz groß in Apollensdorf plant mit seinen jungen Besuchern unter anderem einen Besuch des Museums für Vorgeschichte in Halle, wo es viele Angebote zum Mit- und Selbermachen gibt.

Seither hat sich in der Weltpolitik so viel getan, dass das Anliegen Frieden aktueller scheint denn je. Wenn er wüsste, dass es helfen würde, tränke er zwei Liter Kaffee, scherzt der Wittenberger Linken-Politiker Horst Dübner. „Frieden ist keine ausschließliche Angelegenheit für Kanzler, Präsidenten und Generäle“, ermuntert Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) zu Gesprächen mit den Tischnachbarn. Frieden bestehe durch Toleranz, Beharrlichkeit und Nachgiebigkeit. Er zitiert den früheren israelischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträger Menachem Begin: „Kriege kann man vermeiden, Frieden nicht.“

Und man kann klein damit anfangen, mit Kaffee und Kuchen eben. Der Dehoga-Kreisverband hat viele Unterstützer ins Boot geholt, Vereine und Unternehmen, die backen und das Geschirr zur Verfügung stellen, aus- und einschenken, aufräumen. „35 verschiedene Kuchen, alles ist frisch gebacken, nichts war eingefroren“, stellt der Dehoga-Kreisvorsitzende Olaf Dähne klar. Er scherzt: „Der Regen ist heute auch durch, und ich war artig.“

Den Genuss bei Sonnenschein lassen sich auch die Eheleute Oppermann aus der Gegend von Potsdam nicht entgehen. „Dass wir heute hier sind, war geplant. Die Kaffeetafel so nicht“, erklärt Marianne Oppermann. „Der Kuchen ist spitzenmäßig“, loben sie die Variante Kirschen mit Streusel. Man könne nicht alles kosten, bedauern sie und fragen, was sie noch ansehen können in der Stadt. Was den Frieden betrifft, „die Idee ist gut, das Zusammenkommen von Menschen und miteinander reden ist immer gut“, findet Lothar Oppermann.

Auch manchen Wittenberger hat die Aktion überrascht. Er habe eigentlich nur zum Wochenmarkt gehen wollen und ist zufällig darauf gestoßen, erzählt Herwig Kühnel. Für seine Frau daheim hat er gleich ein paar Stückchen mitgenommen.

Christa Rath ist sprachlos und dankbar

Christa Rath, Ehrenvorsitzende des Dehoga-Kreisverbandes, ist sichtlich gerührt ob des großen Zuspruches. Auch wenn beim zweiten Anlauf einige Kuchenbäcker abgesagt haben, die Resonanz hat ihr schier die Sprache verschlagen. Bis Viertel vor fünf am Nachmittag, als nur noch wenige Stücke Kuchen übrig sind, ist reger Betrieb auf dem Markt.

Das Lutherpaar im Jubiläumsjahr, Katja Köhler und Bernhard Naumann, gesellt sich für eine Zeit zu den Tafelnden. „Wir haben heute nichts besseres zu tun, als hier zu sein“, betont Naumann. Zum Schluss steigen 90 weiße Luftballons in Taubenform in den Himmel - für den Frieden. (mz)