Zukunftswerkstatt Wittenberg 2017+ Zukunftswerkstatt Wittenberg 2017+: In der "Aufwärtsspirale"

Wittenberg - Wolfram Wallraf ist kein Hellseher, aber ein erfahrener Stadtforscher und Sozialwissenschaftler. Wenn er also eine Prognose zu Wittenbergs Zukunft (bis 2030) abgeben soll, scheint er sich sicher, dass die Stadt sich weiterhin positiv entwickeln wird.
Gegenüber der MZ spricht er von einer „Aufwärtsspirale“, in der Wittenberg sich nicht zuletzt infolge der Lutherdekade befinde. Dieser Schwung werde sich positiv auswirken.
Wallrafs Büro, respektive die Arbeitsgemeinschaft Wallraf und Westermann begleitet wie berichtet den Prozess „Lutherstadt Wittenberg 2017+“. Dabei geht es um Wittenberg als Stadt der Reformation, als Standort mit Industrie-Kultur, als Bildungs- und Tagungsstandort sowie als Stadt an der Elbe. Am Donnerstagabend hatte man gemeinsam mit der Stadt zu einer Zukunftswerkstatt in die Aula des Luther-Melanchthon-Gymnasiums eingeladen.
Die Resonanz war erfreulich und das nicht zuletzt deshalb, weil eben nicht bloß jene gekommen waren, die sich (Stichwort: Verwaltung) von Berufs wegen mit dem Thema befassen müssen. Auch Vertreter aus Wirtschaft, Bildung und Kultur beteiligten sich, gut vertreten war die Zivilgesellschaft. Selbst die Jugend entzog sich der Diskussion darüber, wie wir alle in Zukunft hier leben möchten, nicht.
Beispiel Charlotte Hennen: Die 17-Jährige sagte, dass es „den perfekten Zustand“ nicht gibt. Dagegen, nach dem Optimum zu streben, spricht freilich nichts. „Ein guter Zustand ist es, wenn möglichst viele Menschen zufrieden sind mit ihrer Stadt“, erklärte Hennen am Rande des Workshops. Wenn sie aber, nur mal so, etwas sofort ändern könnte? Dann, so die Gymnasiastin, würde die Kultur mehr Geld bekommen. Sprach’s und eilte in die Arbeitsgruppe Mobilität, der sie zugewiesen war.
Insgesamt gab es fünf Gruppen (neben Mobilität die Soziale Stadt, Spiel und Sport, Wirtschaft, Wohnen), deren Teilnehmer zusammen trugen, was bereits erreicht wurde, vor welchen Herausforderungen man steht und welche Ziele verfolgt werden sollten. Kaum etwas, das nicht aufs Tapet kam. Die Themen reichten vom demografischen Wandel, auf den man reagieren müsse, über die Digitalisierung, die ausbaufähig ist, von der (schlechten) Anbindung an die A 9 bis zum ÖPNV, der noch optimiert werden kann.
Es ging um den Sanierungszustand der Stadt, ums Klima, um „Handelsstrukturen“, um die Vereinslandschaft und, und, und. Angesprochen wurde auch die Barrierefreiheit: Dass da schon viel erreicht wurde, war Konsens, dass sie verbesserungswürdig ist, wurde direkt zu Beginn der Zukunftswerkstatt deutlich, als ein Gast im Rollstuhl nicht hinauf in die Aula kam.
Dass er von der Zukunftswerkstatt positiv überrascht war, sagt am Freitag Stadtforscher Wallraf zur MZ. Dies betreffe die „breite Beteiligung“ ebenso wie „substanzielle Debatten“. Deutlich geworden sei u. a., „dass auf die Lutherdekade jetzt eine Wirtschaftsdekade folgen“ solle. Wallraf erinnert insoweit an Unternehmen wie SKW oder den Agrochemiepark, im Vergleich mit anderen Städten stehe Wittenberg da jetzt schon gut da.
Nächste Schritte seien nun die Analyse und Dokumentation der Befunde aus der Zukunftswerkstatt. Für Januar 2018 sei ein Workshop in den Ortschaften geplant, im September soll es wieder eine „Bürgerwerkstatt“ geben.
Ziel ist die Fortschreibung des vorhandenen Stadtentwicklungskonzepts, das bis 2019 in einem integrierten Stadtentwicklungskonzept münden soll und auf dessen Grundlage bis 2030 geplant werden kann. (mz)