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Wittenberg Wittenberg: Töpfermarkt hat Jubiläum

Von Ilka Hilger 30.09.2012, 20:23

WITTENBERG/MZ. - Würde sie tatsächlich bei jedem Prosit am Samstagvormittag trinken, wäre der Tag für die Organisatorin des Marktes schnell gelaufen. "Beim ersten Mal habe ich das auch wirklich gemacht." Petra Schütze lächelt vielsagend. Der Fehler ist ihr nur einmal passiert. Beim ersten Mal, vor 20 Jahren, waren es freilich auch noch nicht 89 Aussteller wie bei diesem Jubiläumsjahrgang.

"Es sieht gut aus, alle sind glücklich", kann Schütze schon nach wenigen Stunden des ersten Markttages einschätzen. 20 Jahre Töpfermarkt in Wittenberg sind auch für sie Anlass, ein wenig zurück zu blicken. "Für die Keramiker war es damals nach der Währungsunion schwierig geworden", erinnert sie. "Um solch einen Markt zu etablieren, musste man schnell sein", weiß sie noch. Schütze und ihre Mitstreiter von der Innung waren es. In der Lutherstadt wuchs seitdem ein Markt heran, den auch Töpfer und keine professionellen Marktbetreiber initiieren. "Man sagt, wir seien der größte und schönste Töpfermarkt in Sachsen-Anhalt", erzählt Petra Schütze stolz, bevor sie wieder an ihren eigenen Stand vor dem Rathaus eilt.

Ob der größte, ob der schönste Markt - auf jeden Fall ist der in Wittenberg einer der bestbesuchten. Parkplatzsuche ist am Wochenende Glückssache. Auf dem Marktplatz schiebt sich die Kundschaft durch die Gänge zwischen den Ständen, dass einem mehr als einmal bange wird um das irdene Geschirr in den Regalen und auf den Verkaufstischen. Da sieht man Produkte, die man auch aus den vergangenen Jahren kennt. Keramiker sind Traditionalisten. Nach der Ausbildung finden sie ihren Stil und auf den kann sich die Kundschaft dann auch verlassen; Becher, Tassen, Teller nachzukaufen und das eigene Sortiment daheim Jahr für Jahr zu erweitern, ist selten ein Problem.

"Zu mir kommt viel Stammkundschaft", erzählt denn auch Töpfer Jürgen Schönwald aus Lubast. Viele würden schon im Vorfeld bei ihm in der Werkstatt anrufen und nachfragen, ob er dieses oder jenes mitbringt. Auf jeden Fall hat Schönwald eine große Auswahl seines geschwämmelten Bauerngeschirrs dabei. Es ist das Markenzeichen des Keramikers, der seine Werkstatt seit 25 Jahren natürlich in der Töpferstraße hat. Schönwald ist der vierte Besitzer der Töpferei, von der er urkundlich belegen kann, dass sie die älteste in der Region ist. 1874 wurde sie gegründet, Schönwald nennt sie sein "produzierendes Museum". Zu den Ausstellern des Wittenberger Töpfermarktes gehört er seit Anbeginn. "Ich war immer dabei, nur einmal war ich krank", erzählt er. Ein Heimspiel sei der Markt für ihn, und es ist der einzige auf dem er jährlich verkauft. "Es ist ein Markt mit sehr gutem Publikum und schönem Flair", findet der Keramiker, der auch seine fußbetriebene Töpferscheibe mitgebracht hat. Es ist eine besondere: "Die wurde 1933 fürs Lutherfest gebaut". Am Wochenende nimmt der 55-Jährige immer mal wieder daran Platz und demonstriert das Drehen.

Zwischen Keramikvögeln in vielerlei Funktion - offensichtlich ein Trend dieser Saison - zwischen Braunzeug, buntem Geschirr und Dekoobjekten in Hülle und Fülle ist auf dem diesjährigen Markt Tabea Surels Stand ein Ruhepunkt fürs keramikmüde Auge. "Geradlinig, schlicht, funktional", so nennt die junge Frau aus Weimar ihre Keramik. Das Klare der Bauhausästhetik findet sich in ihren Keramiken. "Man darf sich die Produkte auch nicht übersehen, sie müssen handhabbar und haptisch eine Freude sein", sagt Surel, die zum dritten Mal auf dem Wittenberger Töpfermarkt dabei ist.

Zu Ende ist die Saison für sie und viele ihrer Kollegen damit noch lange nicht. Mitte Oktober ist für viele der große Töpfermarkt in Rheinsberg Pflicht und dann naht schon das Weihnachtsgeschäft mit seinen Märkten. "Familienkompatibel ist unser Leben eigentlich nicht", findet Surel. Für die Besucher indes ist solch ein Töpfermarkt absolut familienkompatibel. Um das festzustellen, reichte nur ein kurzer Rundgang.