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Inspirierende Lebensgeschichte Wie eine Frau von Matrosin zur Senioren-Lebenshelferin in Coswig wird

Susi Hildebrandt machte eine Ausbildung im Gastgewerbe, war als Matrosin quer durch Europa unterwegs und ist jetzt Seniorenhelferin in Coswig.

Von Jonas Lohrmann 01.08.2024, 15:40
Susi Hildebrandt ist Lebenshelferin in Coswig bei Senioren-Lebenshilfe.
Susi Hildebrandt ist Lebenshelferin in Coswig bei Senioren-Lebenshilfe. Foto: Lohrmann

Coswig/MZ. - „Ich wollte aus meinem Leben mehr machen“, beschreibt Susi Hildebrandt ihre berufliche Karriereentscheidung. Heute begleitet sie als Lebenshelferin etwa 25 Senioren in Coswig und den umliegenden Regionen. Der Weg dorthin war alles andere als geradlinig.

Von Gastro zur Pflege

Bei Susi Hildebrandt startete alles ganz anders. Mit 16 Jahren begann sie eine Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe. „Damals habe ich mir noch nicht zugetraut, in den medizinischen Bereich zu gehen“, erinnert sich die Lebenshelferin. „Ich brauchte Zeit, um reifer zu werden.“ Nach einigen Jahren im Gastgewerbe und im Kundendienst entschied sie sich schließlich, eine neue Richtung einzuschlagen: Sie absolvierte eine Ausbildung zur examinierten Gesundheits- und Krankenpflegerin. Auch hier wollte sie sich nicht festlegen und sammelte in verschiedenen Bereichen Erfahrungen, von der häuslichen Intensivpflege in Mecklenburg-Vorpommern bis zur Krankenschwester in der Herzklinik Coswig und der Kinderpsychiatrie in Wittenberg.

Ein erneuter Wendepunkt in ihrem Leben kam, als sie sich entschied, ihren Mann, der als Binnenschiffer arbeitete, auf seinen Reisen zu begleiten. Drei Jahre lang war sie als Matrosin an den Küsten Europas unterwegs. Doch als ihr Sohn vor der Einschulung stand, wollte sie wieder in der Region Fuß fassen. Zurück in den Pflege sollte es gehen. Allerdings konnte sie sich nicht mehr vorstellen, unter den starren Bedingungen eines Krankenhauses mit seinen Schichtsystemen und unflexiblen Dienstplänen zu arbeiten: „Ich wollte aus meinem Leben mehr machen“, betont Hildebrandt.

Auf der Suche nach neuen Perspektiven stieß sie im Internet auf die „Senioren-Lebenshilfe“, nach Unternehmensangaben das einzige in Deutschland, das sich auf die vorpflegerische Betreuung spezialisiert hat. Die Lebenshelfer sind selbstständig und unterstützen Senioren im Alltag, vom Einkaufen über Arztbesuche bis hin zur Hilfe bei postalischen Angelegenheiten, zählt Hildebrandt typische Tätigkeiten auf. „Am Anfang herrscht immer viel Skepsis“. Ein Netzwerk in der Region aufzubauen, benötige rund ein Jahr. Sie verteilte Flyer, kooperierte mit lokalen Betrieben und baute Vertrauen auf. Ihre Erfahrung als Krankenschwester hilft ihr dabei, die Bedürfnisse ihrer Klienten zu erkennen und sie auch bei der Beantragung von Schwerbehindertenausweisen oder Pflegegraden zu unterstützen.

Starke Nachfrage

Heute, nach über drei Jahren als Lebenshelferin, hat Susi Hildebrandt in der Region fest Fuß gefasst und ist mittlerweile komplett ausgebucht: „Es stehen sogar Menschen auf meiner Warteliste.“ Die Nachfrage ist so groß, dass im Kreis Wittenberg dringend zwei bis drei weitere Lebenshelfer benötigt werden, berichtet die 38-Jährige. Sie fühlt sich in der Region heimisch und plant, hier zu bleiben. Derzeit sind sie und ihr Mann mit der Renovierung ihres Eigenheims beschäftigt.