Besonderes Konzert in der Lutherstadt Warum für Thomas Herzer die Zeit der letzten Male begonnen hat
Am 8. September spielen Sarah und Thomas Herzer in der Schlosskirche von Wittenberg Mendelssohns Orgelsonaten. Welche Bedeutung der Tag hat und wohin es das Paar bald zieht.

Wittenberg/MZ. - Für Thomas Herzer hat die Zeit der letzten Male begonnen. Ein letztes Mal etwa wird er an einem Tag des offenen Denkmals, der am kommenden Sonntag stattfindet, als Kantor der Schlosskirche Wittenberg ebendort gemeinsam mit seiner Frau ein Konzert an der großen Ladegast-Orgel geben. Ab November tritt der 47-Jährige dann eine neue Stelle in Heide (Schleswig-Holstein) an. Sarah Herzer, 48 und ebenfalls Kantorin an der Schlosskirche, zieht später nach. Der bald zehnjährige Sohn soll noch das Schuljahr hier beenden können.
Zwei Jubiläen
Das Programm, das die Eheleute für diesen 8. September ankündigen, ist erlesen. Sechs Orgelsonaten hat Felix Mendelssohn (1809 bis 1847) komponiert, Herzers werden sie alle spielen. Ein Gedanke, der schon vor 21 Jahren, als sie von Halle nach Wittenberg kamen, da gewesen sei. Jetzt wird die Idee ins Werk gesetzt. Und wenn Herzers sagen: „Wir wollen die Kirchenmusik feiern und die Orgel präsentieren“, dann ist das zugleich ein Hinweis auf zwei Jubiläen, die es 2024 zu begehen gilt: Zum einen wird schon eine ganze Weile mit unterschiedlichen Formaten an die Entstehung des ersten evangelischen Gesangbuchs vor 500 Jahren erinnert. Zum anderen ist es 30 Jahre her, dass die Ladegast-Orgel (Baujahr 1863) von der Orgelbaufirma Eule restauriert und erweitert wurde. Dass vier der sechs Sonaten Choräle als Thema haben, von denen zwei von Martin Luther stammen, scheint da umso passender.
Wie Sarah Herzer bei einem Treffen in der Schlosskirche erzählt, wollen sie auch „ein bisschen“ durchs Programm führen. Zudem soll das Konzert auf eine Leinwand im Kirchenraum übertragen werden. Denn die Arbeit von Organisten liefert neben dem Hörgenuss auch interessante Bilder, allein schon das Pedalspiel ist sehenswert. Von alledem abgesehen geht es natürlich um die klangliche Vielfalt. „Die vielen Klangfarben aus Mendelssohns Sonaten lassen sich besonders gut auf der historischen Ladegast-Orgel in der Schlosskirche darstellen“, schreibt Thomas Herzer in einer Ankündigung des Konzertes am 8. September.
Königin der Instrumente
Apropos: Der Tag des offenen Denkmals, der diesmal also auf den 8. September fällt, gilt seit 14 Jahren bundesweit auch als „Deutscher Orgeltag“. Das gern als Königin der Instrumente bezeichnete Kraftwerk der Musik soll wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden. Die Veranstaltung ist eine Initiative der Vereinigung der Orgelsachverständigen Deutschlands (VOD). Seit 2011 koordiniert die VOD den Orgeltag. Wie es dazu online weiter heißt, gibt es in Deutschland etwa 50.000 Orgeln – große und kleine, alte und neue, berühmte und weniger bekannte: „Sie alle klingen verschieden, sehen unterschiedlich aus und sind oft schon, ohne dass sie erklingen, eine Sehenswürdigkeit.“ Beim 14. Orgeltag am kommenden Wochenende, 7. und 8. September, sollen viele dieser Orgeln im Land einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden.
An die Nordsee
Nun ist gewiss auch die Ladegast-Orgel in der Wittenberger Schlosskirche eine Sehenswürdigkeit. Welche Orgel Thomas Herzer demnächst an seinem neuen Wirkungsort spielen wird, ist hier nicht bekannt. Und bis es soweit ist, kann man ihn auch in Wittenberg noch bei einigen Gelegenheiten erleben. Von einem Abschied in Etappen ist im Mitteilungsblatt der Stadtkirchengemeinde die Rede. Unter der Überschrift „Von der Elbe an die Nordsee“ kündigt Herzer seinen Wechsel an. „Ich blicke dankbar zurück auf 21 Jahre gemeinsamen Dienst in Schlosskirche und Predigerseminar mit der besten Kollegin und Ehefrau der Welt (diese wird Wittenberg übrigens noch etwas länger für eine Übergangszeit erhalten bleiben)“, heißt es unter anderem.
90 Minuten inklusive Pause
Das Konzert mit Sarah und Thomas Herzer in der Schlosskirche Wittenberg am Sonntag, 8. September, beginnt um 17 Uhr. Die Dauer beträgt inklusive einer kleinen Pause etwas mehr als 90 Minuten. Das Spiel auf der Empore wird auf einer Leinwand im Kirchenraum übertragen. Der Eintritt ist frei, am Ausgang wird um eine Spende gebeten. Die Veranstaltung findet am Tag des offenen Denkmals statt. Er steht in diesem Jahr unter dem Motto „Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte“. Bundesweit können rund 5.500 Denkmale und 500 Denkmal-Touren entdeckt werden (www.tag-des-offenen-denkmals.de). Angebote gibt’s auch in der Welterberegion Anhalt.Dessau.Wittenberg.