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Von Wittenberg in die Welt Von Wittenberg in die Welt: Heinrich Mühlenberg beeinflusst lutherischen Glauben

Von Karina Blüthgen 24.05.2016, 11:49
Hermann Wellenreuther lenkt in der Sonntagsvorlesung den Blick auf Amerika.
Hermann Wellenreuther lenkt in der Sonntagsvorlesung den Blick auf Amerika. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Ausgerechnet ein Pietist wird als „Patriarch der amerikanischen Lutherischen Kirche“ bezeichnet. Mit 31 Jahren kam Heinrich Melchior Mühlenberg (1711-1787), in Niedersachsen geboren, nach Philadelphia. Er stammte aus einer Handwerkerfamilie, war von kräftiger Statur und hatte Durchsetzungsvermögen. Und er vertrat eine strenge Kirchenzucht.

Doch in den Kolonien gab es zu jener Zeit unter den deutschen Auswanderern vor allem lutherische Gemeinden. „Für sie war Mühlenberg ein ,penetist’, eine Spaßbremse“, der ihnen Tanzen, Fideln und Vergnügen in Kneipen verbieten wolle, sagt der Historiker Hermann Wellenreuther. 95 Gemeinden wurden 1742 von sieben Pastoren betreut. Später kamen weitere Pastoren aus ganz Deutschland hinzu. Doch nur die wenigsten erfüllten Mühlenbergs strenge Erwartungen. Der Pfarrer erwies sich jedoch als Pragmatiker, so Wellenreuter in seinem Vortrag in der Reihe der Sonntagsvorlesungen des Wittenberger Predigerseminars, die in diesem Jahr den Titel „Von Wittenberg in die Welt“ trägt.

Nachdem sein Versuch, die Gemeinden pietistisch zu prägen, gescheitert war, rief Mühlenberg 1748 ein „Vereinigtes Ministerium“ ins Leben. Zu den jährlichen Treffen sollten sich Pastoren und Älteste, aber auch ausdrücklich Vertreter der Gemeinden einfinden. Waren anfangs nur acht handverlesene Pastoren, die den Anforderungen Mühlenbergs genügten, eingeladen, stieg die Zahl der lutherischen Pastoren bei den folgenden jährlichen Treffen immer mehr an.

Schnell hingegen vermehrte sich die Zahl der Vertreter der Gemeinden. „Es entstand so etwas wie ein Kirchenkörper, Kontakte zwischen Gemeinden wurden geknüpft, die vorher nichts voneinander wussten“, erläutert der Historiker die sich entwickelnde Dynamik.

Über diese Treffen entstand eine religiöse Haltung, die zwar nicht pietistisch, aber durch ihre Gemeinsamkeiten die inzwischen über 130 Gemeinden zusammenbrachte. Gestärkt wurde der Zusammenhalt durch die Einführung der Konfirmation. Nach dem Versuch eines Kollegen, erneut pietistische Grundsätze durchzusetzen, erarbeitete Mühlenberg eine Kirchenverfassung für die Gemeinden, die künftig ihren Kirchenrat jährlich selbst wählen sollten. Dieser wiederum stellte den Pastor an.

„Das ist die Grundlage, auf der sich die Kirche in Pennsylvania weiterentwickelt“, erläutert Wellenreuther, wie der Weg bis zu den heutigen Strukturen verlief. Letztlich entwarf Mühlenberg sogar eine Formel, welcher „Obrigkeit“ ein Lutheraner im beginnenden Unabhängigkeitskrieg dienen müsse. (mz)