Volksbank schließt Filialen im Raum Anhalt Volksbank schließt Filialen im Raum Anhalt: Flaches Land zahlt die Zeche

Wörlitz - Das Filialnetz der Volksbank Dessau-Anhalt wird kleiner. Sieben der 18 Geschäftsstellen im Raum Anhalt mit Teilen des Landkreises Wittenberg werden ab Mitte September geschlossen (die MZ berichtete). Betroffen sind in der hiesigen Region die Filialen in Wörlitz, Bergwitz und Jeber-Bergfrieden.
In der Generalversammlung der Volksbank und im Vorstand hat man sich diesen Entschluss nichtleicht gemacht. „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht gab es schon seit Jahren Hinweise, diesen Schritt zu tun. Wir haben uns immer dagegen gestemmt, aber jetzt hilft alles Stemmen nicht mehr“, erklärte Vorstandsvorsitzender Manfred Bähr der MZ. Vorausgegangen sei der Entscheidung eine Analyse der Kundenfrequenz in den Filialen. „Wir mussten uns fragen, welche Filiale ihre Kosten decken konnte“, so Bähr. Die sieben nun zu schließenden Geschäftsstellen im ländlichen Raum konnten es nicht. Die Kosten anzupassen oder die Erträge zu erhöhen, sei nicht möglich gewesen. „Vor allem der ländliche Raum zahlt die Zeche der Zinspolitik im Land“, sagte Bähr.
Die Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland gehören zu den Kreditinstituten, die als Genossenschaft oder Aktiengesellschaft geführt werden. Auf die Grundsätze der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung setzten Franz Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen Mitte des 19. Jahrhunderts, als sie unabhängig voneinander die ersten Kreditgenossenschaften gründeten.
Deren Zwecke waren im Wesentlichen die Kapitalansammlung und Kreditgewährung für kleine Leute. Während Volksbanken vorwiegend in städtischen Bereichen entstanden, wurden in ländlichen Gebieten Raiffeisenbanken gegründet. Heute noch haben die meisten Genossenschaftsbanken in ihrem Namen Volksbank („Voba“), Raiffeisenbank („Raiba“), Raiffeisenkasse („Raika“) oder auch Volks- und Raiffeisenbank (VR-Bank).
MZ-Leserin Christa Rohr aus Hundeluft sieht in einem Leserbrief nach der Schließung der Thießener Bahnstation einen zweiten „einschneidenden Verlust von Lebensqualität“ in Jeber-Bergfrieden, das seine Volksbank verlieren wird. „Es werden nach und nach vorhandene Infrastrukturen demontiert“, schreibt sie und macht „mächtige und finanzstarke Konzerne“ dafür verantwortlich. Dazu mag die Volksbank mit ihren Filialen sicher nicht gehören. Doch auch Bähr meint: „Die Dörfer werden etwas unmenschlicher. Aber in vielen Orten sind wir die letzten, die gehen.“ Das passiere, wenn die Quersubvention der schlecht besuchten Filialen aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht mehr zu verantworten sei. Eine Bank müsse da ebenso kalkulieren wie ein Gastwirt oder der Besitzer eines Ladengeschäftes. Fest stehe, so Bähr, dass auf den Dörfern immer weniger Menschen die Filialen aufsuchen. „Zum großen Teil sind dies ältere Menschen, die ihr Geld lieber am Schalter abheben als am Automaten.“ Für viele sei der Gang in die Geschäftsstelle aber auch ein Anlass für Gespräche. „Da sind wir schon im Bereich des sozialen Dienstes, auch das gehört dazu, so lange man es sich leisten kann“, so Bähr.
Mitarbeiter werden auf andere Filialen verteilt
Die Mitarbeiter der Filialen - in Wörlitz und Bergwitz je einer, in Jeber-Bergfrieden zwei - werden, laut Bähr, auf andere Filialen oder die Dessauer Hauptstelle verteilt. Offen sei bislang, ob vor Ort Geldautomaten bleiben. „In Jeber-Bergfrieden sehe ich eine Chance, in Wörlitz eher nicht“, so der Vorstandsvorsitzende.
Von guten Gesprächen darüber, zumindest Geldautomat und Kontoauszugsdrucker im Ort zu behalten, berichtet Jeber-Bergfriedens Ortsbürgermeister Kurt Schröter, den die Nachricht der Filialschließung überraschte und der selbst Volksbank-Kunde ist. „Uns in Jeber-Bergfrieden trifft das sehr“, meinte er. Viele Kunden seien ältere Menschen aus den umliegenden Dörfern. „Für sie wird es nun beschwerlicher, zur Volksbank in Roßlau zu gelangen.“ Wie Schröter ist auch sein Bürgermeister-Kollege in Wörlitz wenig erfreut über die Nachricht. „Natürlich passt uns das gar nicht. Mit der Kaufhalle hat es nicht geklappt und nun das. Langsam wird es beängstigend“, kommentierte Kuno Wendt die Entwicklung in seinem Ort. Natürlich könne man die wirtschaftlichen Entscheidungen von Unternehmen nicht beeinflussen, aber gerade mit Blick auf die Touristen beobachte er solche Rückzüge mit Sorgen. „Aber es liegt nicht in unserer Macht, diese Entwicklungen zu bremsen“, so Wendt.
Bähr betont, dass das bisherige Filialnetz der Volksbank 20 Jahre Bestand hatte. „Ich möchte mein Filialnetz nicht aller zwei Jahre anpassen, aber ich wäre schon froh, wenn dieses nun über zehn Jahre bestehen bleibt“, so Manfred Bähr über die Zukunft des Bankgeschäftes inmitten des demographischen Wandels.