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Viele Fenster führen zur Kunst

Von Irina Steinmann 18.08.2006, 15:45

Wittenberg/MZ. - Seit Donnerstag steht das Brandenburger Tor bei ihr in der Collegienstraße. Wie auch das Gros der Kunst im Schaufenster, eine Aktion der Werbegemeinschaft Altstadt anlässlich der heutigen "Erlebnisnacht", sich auf Wittenbergs Flaniermeile konzentriert. Es gibt aber Ausnahmen.

Ein paar Straßen weiter, in der Jüdenstraße, hat Petra Töpfer gleich die gesamte Auslage ihrer Doppel-Boutique freigeräumt für die Kunst auf Zeit. Links, wo sonst schicke Damenmode lockt, sind jetzt Aquarelle zu sehen, Wittenberger Stadtansichten und Blumen, rechts, bei den "Herren", die sich so etwas, wie Frau Töpfer vermutet, vielleicht noch lieber anschauen, räkeln sich Akte in Pastell. Beides sind Werke ihrer Kundin Maria Herrmann, die eigentlich als Diplom-Chemikerin ihre Brötchen verdient.

Für die Modebranche, räumt Petra Töpfer ein, sei der gegenwärtige Zeitpunkt ausgesprochen günstig, Kunst statt Kleidung zu zeigen, denn wer wollte jetzt schon Herbst- und Wintermode sehen? Dass das Bastelgeschäft von gegenüber ihr ohne Umschweife Staffeleien ausgeliehen hat, ist für sie ein weiterer Beleg dafür, dass die - zuweilen geschmähte - Jüdenstraße in Wahrheit "eine ganz tolle Straße" ist.

Neun Teilnehmer verzeichnet die Liste der Werbegemeinschaft Altstadt insgesamt (die MZ berichtete), doch nicht überall wird der Kunstfreund wie angekündigt auf Werke treffen. Rainer Zimpel hob am Samstagmittag die Hände. Nein, von Bleisatz, der bei ihm zu sehen sein soll, wisse er nichts. Man habe ihn wohl vergessen. Es wäre aber sowieso schwierig geworden, etwas zu zeigen: Unterhalb der Schaufenster von Menz-Optik, deren Filialleiter er ist, klafft derzeit der Abgrund der Bach-Baustelle.

Es ist aber auch das genaue Gegenteil zu beobachten, unerwarteter Zuwachs an Akteuren. Gerade im Umfeld des Cranach-Hauses Schloss-Straße 1 wurden, ganz privat, Schaufenster zu Ausstellungsflächen hergerichtet. Die Wittenberger Künstlerin Ulrike Kirchner hat die Auslagen der früheren Buchhandlung "Wunschmann", die auch sonst von der Malschule genutzt werden, mit ihren Bildern und Figuren ausgefüllt. Und links daneben, in der "Cranach"-Apotheke, dachte sich die Apothekerin einfach: Der Name Cranach verpflichtet. Und Birgit Biernoth malt und ihre Tochter auch. So kam der Mohn ins Schaufenster.

Gut möglich, dass die Kunstaktion des Handels zur Erlebnisnacht 2006 keine Eintagsfliege bleibt.