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Amtsgericht Wittenberg Verkehrskontrolle eskaliert - Beamter wird verletzt

Junger Mann aus Wittenberg beleidigt Polizisten, schlägt um sich und verletzt einen Beamten. Jetzt muss sich der vielfach Vorbestrafte vor Gericht verantworten. Welches Urteil gefallen ist.

Von Marcel Duclaud 28.10.2024, 08:00
Wittenberger verantwortet sich wegen tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte vor dem Amtsgericht der Lutherstadt.
Wittenberger verantwortet sich wegen tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte vor dem Amtsgericht der Lutherstadt. (Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa)

Wittenberg/MZ. - Die Zündschnur bei dem jungen Mann aus Wittenberg ist offenbar kurz. Eine Verkehrskontrolle reicht, um die Situation eskalieren zu lassen. Am Ende sitzt der 30-Jährige wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte vor Gericht. Und wird zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt – auf Bewährung.

Mittelfinger gezeigt

Zugetragen hat sich der Fall im Mai vergangenen Jahres in der Wittenberger Hans-Lufft-Straße. Dort fand nachts gegen 2 Uhr die erwähnte Verkehrskontrolle statt. Der junge Mann, von der Disco kommend, saß nicht am Steuer, sondern hinten im Wagen, so die Staatsanwaltschaft. Er habe den Polizisten den Mittelfinger gezeigt, die Herausgabe seines Personalausweises verweigert und den Ort verlassen.

Beamte, die ihm nacheilten, seien beleidigt worden („Verpiss Dich, Du Fotze“), er habe Hände weggeschlagen und um sich getreten, als ihm nach Stolpern und Hinfallen Fesseln angelegt werden sollten. Als Polizisten die wieder lösten, soll er mit der Fessel nach hinten geschlagen und einen Beamten im Intimbereich getroffen haben.

Situation schaukelt sich hoch

„Das stimmt, mit Abstrichen“, sagt Verteidiger Tobias Sacher bei der Verhandlung am Amtsgericht. „Er wollte nach Hause und war genervt, weil sich die Kontrolle hinzog.“ In der Puschkinstraße sei sein Mandant „eingekesselt“ worden: „Die Situation hat sich hochgeschaukelt. Er hat dann unschöne Worte benutzt.“ Da sein Mandant von Polizisten mit Namen angesprochen worden sei, habe er gemeint, es sei unnötig, noch den Ausweis zu zeigen.

Der Wittenberger, ein gelernter Lackierer mit zwei Kindern, ist vielfach vorbestraft: unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchtem Mord, schwerem Raub, Bedrohung, Beleidigung, Trunkenheit im Verkehr, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Er selbst bemerkt: „Ich kenne mich, wenn ich getrunken habe, kann so etwas passieren.“

Polizisten sagen auch

Vor Gericht sagen als Zeugen zwei Polizisten aus, die in der Mainacht im Einsatz waren. Sie bestätigen weitgehend, was über das Geschehen bekannt ist: „Er wollte nicht stehenbleiben, lief weiter, ließ sich nicht stoppen, hat aggressiv reagiert. Er war nicht kooperativ.“ Nach dem Lösen der Stahlfessel habe er nach hinten geschlagen und seinen Kollegen getroffen. Der sei zusammengezuckt, später aber wieder dienstfähig gewesen.

Der junge Polizist, der verletzt wurde, sagt ebenfalls: „Er war sehr aggressiv. Als wir die Personalien hatten, sollte er aus der Maßnahme entlassen werden.“ Nach dem Lösen der Fessel an einem Arm sei der Schlag nach hinten erfolgt. „Mit großer Wucht?“, will Richter Ronald Waltert wissen: „Nein. Das nicht. Ich hatte trotzdem zwei Tage lang Schmerzen.“ Waltert weiter: „War es ein gezielter Schlag?“ Der Zeuge: „Das kann ich nicht sagen.“

Angeklagter bietet Schmerzensgeld an

Der Angeklagte unterdessen entschuldigt sich ausdrücklich bei den beiden Polizisten und bietet dem, der verletzt wurde, ein Schmerzensgeld an. Auf 500 Euro einigen sich die Beteiligten. Er verweist im Zusammenhang mit der Frage der Staatsanwaltschaft: „Wie ist ihr Verhältnis zu Alkohol?“, zudem darauf, auf der Warteliste zu stehen bei Suchtberatung und Antiaggressionstraining. Damals, als die Situation so eskalierte, seien es 1,99 Promille gewesen.

Die Staatsanwaltschaft bescheinigt dem Angeklagten später „positives Auftreten“, er sei geständig, gehe inzwischen einer Arbeit nach und habe ein stabiles soziales Umfeld. Gegen ihn spräche allerdings die Fülle an Vorstrafen. Gefordert wird eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten und eine Geldstrafe von 1.000 Euro.

Guter Rat zum Schluss

Zu viel, findet Verteidiger Sacher: „Die Beleidigung ist unstreitig, er hat sich zur Wehr gesetzt. Aber es war kein tätlicher Angriff.“ Sein Mandant bemühe sich, sein Leben in den Griff zu bekommen. Sechs Monate auf Bewährung und 500 Euro Geldstrafe seien völlig ausreichend.

Verurteilt wird der 30-Jährige schließlich wegen Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, wie erwähnt, zu einem Jahr auf Bewährung. Und zu 1.000 Euro Geldstrafe, zu zahlen an den Verein Scarabäus Hoher Fläming. Ob es ein gezielter Schlag und Körperverletzung war, sei fraglich, so der Richter. Gegen den Angeklagten sprächen die Vorstrafen, für ihn sein inzwischen geregeltes Leben: „Bleiben Sie auf dem Weg“, gibt Ronald Waltert dem Wittenberger noch einen guten Rat: „Bei neuen Dummheiten sind Sie schnell wieder im Knast.“