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Umfassender Test für eine nicht unmögliche Situation

Von KARINA BLÜTHGEN 09.11.2008, 17:54

WITTENBERG/MZ. - Es ist mit einem "Massenanfall von Verletzten" zu rechnen, heißt es in der Aufgabe für die Großübung, die am Sonnabend anläuft. "Wir haben zuvor lediglich die Evakuierung des Krankenhauses im Brandfall geprobt", erklärt Hans-Jürgen Langrock. "Diese Aufgabenstellung hatten wir noch nicht." Angekündigt werden 50 Verletzte, das bedeutet: All diese Menschen müssen in relativ kurzer Zeit aufgenommen, behandelt und untergebracht werden. Das heißt auch: Wesentlich mehr Personal wird für eine gewisse Zeit für die Versorgung dieser Patienten gebraucht.

Natürlich gibt es einen Plan für diesen Fall, aber die Frage ist, ob die Umsetzung in die Praxis weitgehend reibungslos funktioniert. "Wenn bei der Übung alles funktioniert, sind die Ziele zu klein gesteckt", gibt Andreas Gebhardt, Geschäftsführer der Paul Gerhardt Diakonie Krankenhaus und Pflege GmbH, darauf eine Antwort. Ursprünglich hatte das Szenario realistischer ausfallen sollen, gekoppelt mit einer Großübung des Landkreises, mit Rettungskräften und Statisten. Der Landkreis, so Gebhardt, habe dies vor einigen Wochen abgesagt. Geblieben ist für das Krankenhaus mit dem noch nicht belegten Neubau eine "Kleinstübung", die immer noch groß genug für einen ersten ernstzunehmenden Test ausfällt.

Das zusätzliche Personal, das sonst über Handy und Festnetz durch einen automatischen Notruf alarmiert wird, steht diesmal bereit und wird verteilt. Das KO-Team ist einsatzbereit, je ein Leiter koordiniert den ärztlichen, pflegerischen und technischen Dienst. "Hinter jeder Alarmierungsstufe steht ein gewisses Personal, das dann seine Aufgaben zu erledigen hat", heißt es. Ein Triage-Team wird einberufen, jene Ärzte, die bei der Aufnahme jedes Patienten je nach Zustand die weitere Verfahrensweise abstimmen. Die Freiwillige Feuerwehr Wittenberg-West ist mit 17 Kameraden vor Ort. Diese werden dringend als Helfer beim Transport im Haus gebraucht.

Die Kapelle wird leer geräumt und mit Betten bestückt, zur Verfügung steht auch der Wohnbereich der Leucorea, der in eine Station für leichter Verletzte umgewandelt wird. Hektik gibt es nicht, gleichwohl aber konzentrierte Anspannung. "Noch liegen wir zeitlich im Rennen", nickt Hans-Jürgen Langrock. Eine Pressestelle sowie ein Bereich für Angehörige sind im Nebengebäude eingerichtet. Etwa eine halbe Stunde nach dem Alarm für das Krankenhaus kommt von allen Stationen das Signal: Wir sind bereit. Im Ernstfall würden jetzt Patienten eventuell notentlassen. Dann geht es Schlag auf Schlag an der Triage, farbige Karten markieren die Verletzten, jeder bekommt einen Strichcode. Drei "Rote" sind im bedrohlichen Zustand, zwölf gelbe mittlere Fälle folgen, darunter eine Unterschenkelamputation. "In den OP, der hätte eigentlich rot sein müssen", entscheiden Triage-Arzt Stephan Burckhardt und KO-Arzt Holger Dietrich. Alle drei Operationssäle wären damit für ein bis zwei Stunden belegt. "Wir müssten dies dem Krisenstab melden, damit weitere Schwerverletzte in andere Krankenhäuser kommen", sagt Dietrich.

Kurz nach Mittag meldet sich die Triage ab, alle Verletzten sind aufgenommen. 90 Hilfskräfte, Personal und auch Feuerwehrleute, beenden die "Kleinstübung", haben dennoch etliche Schwachstellen aufgedeckt, die es bei der detaillierten Auswertung im Ablaufplan zu korrigieren gilt. Andreas Gebhardt und Hans-Jürgen Langrock danken allen für die Einsatzbereitschaft an einem freien Wochenende. "Gut, dass wir es mal gemacht haben", lautet der Tenor der Mitwirkenden bei der Auswertung. Denn ein Ernstfall kann jederzeit kommen.