Trotz großem Sieg fällt Triumphzug aus
Gräfenhainichen/MZ. - Die Mitarbeiter fanden kaum Zeit, ihrem alten und neuen Chef zum überzeugenden Wahlergebnis - 72,6 Prozent (Wahlbeteiligung 43,75 Prozent) sprachen dem Verwaltungschef erneut ihr Vertrauen aus - zu gratulieren. Das war in der Ex-Kreisstadt nicht immer so. Rußbülts Vorgänger Lothar Hensel (CDU) vermarktete da seine Erfolge besser: Per Kutsche wurde der Christdemokrat durch den Ort chauffiert. Ein echter Triumphzug.
Ein Hauch davon verspürte auch Rußbült an seinem ersten Arbeitstag vor sieben Jahren. Der Neue fuhr mit dem Rad zum Dienst - und traute seinen Augen nicht. Seine Verwaltungsmitarbeiter standen vor dem Rathaus Spalier und geizten auch mit Blumen nicht. Montag war alles eine Nummer kleiner. Auf einen Triumphzug wurde ganz verzichtet. "So viel muss ich in den vergangenen Jahren nicht falsch gemacht haben", kommentierte Rußbült, der sich als unabhängiger Bürgermeister sieht, aber das Wahlergebnis dann doch noch. "Es muss uns um Gräfenhainichen gehen, nicht um Personen", betont der Sieger mit einem Seitenhieb auf die politische Konkurrenz, die eine klare Niederlage einstecken musste. Der CDU-Kandidat kam nur auf 24,9 Prozent der Stimmen. "Und ich wollte gewinnen", sagte gestern Enrico Schilling, der am Sonntag schon mal den Sekt kalt gestellt hatte. "Den brauchte ich dann auch, um die bittere Pille zu schlucken", so der Tornauer, der über die Ursachen "nicht orakeln" wollte. Am Wahlkampf selbst habe es nicht gelegen. "Wir waren vor Ort präsent", so der zweite Sieger, der es "durchaus für möglich" hält, dass sein Wohnort Tornau ein paar Prozentpunkte gekostet haben könnte. "Ich muss mit diesem Ergebnis leben und arbeiten", so der 28-Jährige, der betont: "Mit mir muss man ernsthaft in der Zukunft rechnen." Ob er aber in sieben Jahren einen erneuten Anlauf wagen wolle, ließ er offen. Schilling ist Mitglied des Wittenberger Kreistages und Bürgermeister in Tornau.
Der dritte Bewerber kam über eine Statistenrolle nicht hinaus. Nur 75 Stimmen (2,5 Prozent) konnte der Einzelbewerber René Schmidt auf sich verbuchen. Der 24-Jährige kann seine Enttäuschung kaum verbergen: "Das Ergebnis tut mir besonders für mein gutes Wahlkampfteam leid."