Tag der Begegnung Tag der Begegnung: Werkstatt-Besuch im Augustinuswerk

Wittenberg - „Es ist schön, dass man sich die Arbeitsstätten einmal ansehen kann.“ Juliane Lehmann ist durchaus neugierig, wie eine Werkstatt für behinderte Menschen aussieht. „Das ist ein Einblick, der einem sonst verwehrt bleibt“, so die Wittenbergerin, die gemeinsam mit ihrer Mutter Kathrin Bugiel aus Rostock und Tochter Linda zum ersten Mal die vielen Abteilungen in der Gottlieb-Daimler-Straße in Augenschein nimmt.
Zwar habe sie öfter schon davon gelesen, „ich arbeite auch beruflich mit der Druckerei des Augustinuswerkes zusammen, aber hier war ich noch nie“, erklärt sie. Sie finde es schön, sich hier langsam auf das Fest einzustimmen, die Atmosphäre sei wirklich toll. Das meint auch ihre Mutter.
Sie sei beeindruckt und hoffe, dass viele Eltern froh sind, wenn ihre Kinder hier eine Arbeit finden, sagt Kathrin Bugiel. Für Linda ist der Kontakt mit behinderten Menschen ebenfalls nichts Neues, ein Junge in ihrer Kindergartengruppe hat ein Handicap.
Gegründet wurde der ökumenische Verein Augustinuswerk im Jahr 1990 von Wittenberger Bürgern, dem Evangelischen Kirchenkreis und der katholischen Pfarrgemeinde. In der Werkstatt für behinderte Menschen, die 1991 eröffnet wurde, haben an verschiedenen Standorten inzwischen etwa 450 Menschen Arbeit gefunden.
Wie jedes Jahr gilt das erste Interesse der vielen Besucher den wunderschönen Adventsgestecken, von denen die Beschäftigten offenbar nicht genug herstellen können. Über hundert stehen in diesem Jahr wieder bereit, und nach gut einer Stunde sind alle verkauft. Fast ebenso lange sind die aus Planen gefertigten Taschen im Textilbereich zu bestaunen, bevor sie ihre Käufer gefunden haben.
„Nach der großen Plane aus der Kirche, im Auftrag der Stadtkirche, haben wir nun unsere Planen vom Reformationsjubiläum verwendet“, erzählt Marina Flemmer aus dem Textilbereich. Damit zieren nicht mehr berühmte Personen die fast unverwüstlichen Taschen, sondern Kaffeebohnen aus dem Kirchencafé aus dem Sommer.
Ob Kissen oder Klammerschürzen, hier findet jeder etwas Praktisches. Einer der fleißigen Näher zeigt den staunenden Besuchern, wie er aus Stoff und Füllmaterial mit viel Geschick etwa 25 Zentimeter lange Rentiere herstellt, die man sich in die Wohnung hängen kann. Es gibt Kaminanzünder-Holz zu kaufen, Weihnachtskarten und vieles mehr. Im Montagebereich kann der Gast erahnen, wie hier als Auftragsarbeit jede Menge Verpackungen bestückt werden.
Im Speiseraum singt der hauseigene Chor „Auftakt“, das leibliche Wohl kommt bei süßen und deftigen Sachen nicht zu kurz. Matthias Monecke, Geschäftsführer des Augustinuswerkes, ist mehr als zufrieden mit dem Zuspruch, der die Werkstatt fast aus allen Nähten platzen lässt. In einer ruhigen Minute berichtet er von den Vorhaben des Augustinuswerkes, die derzeit in verschiedenen Orten gedeihen.
„In Gohrau bauen wir gerade um“, so Monecke. Entstehen wird aus dem früheren Begegnungszentrum eine kleine Westernstadt, in der auch die Kindertagesstätte untergebracht werden soll. Die Kapazität wird dabei von 20 auf 30 Plätze erweitert. In Zahna am Ratsteich wird an der ehemaligen Kindereinrichtung gebaut, bis Jahresende soll der Rohbau für eine Wohngemeinschaft mit neun Plätzen in der Tagespflege stehen.
Und in Coswig soll im Januar eine Beratungsstelle einziehen. Großes hat die Stiftung des Augustinuswerkes in Rackith vor, sie wird zum Jahresanfang den Diakoniehof übernehmen und zwei Hühnerställe für 12.000 Tiere mit Auslauf bauen lassen.
Dafür sowie den Gemüseanbau und die Pflege von Streuobstwiesen entstehen bis zu zwölf Arbeitsplätze, davon sechs für Menschen mit Behinderung, auf dem ersten Arbeitsmarkt. (mz)
