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Stimmlich ein absoluter Klassiker

Von Karina Blüthgen 26.03.2007, 17:07

Wittenberg/MZ. - Aber was ist mit der Geschichte der Sänger, die sich Ende der 20er Jahre zum einem Vokal-Ensemble zusammenfanden und einzigartige Erfolge auf der Bühne feierten?

Einziger Stopp im Osten

Sechs junge Männer touren derzeit als Comedian Harmonists durch Deutschland und erzählen diese Geschichte. Am Sonntag waren sie auf Einladung der Deutsch-Russländischen Gesellschaft in Wittenberg und brachten in das Kultur- und Tagungs-Centrum (KTC) eine gute Portion Evergreens, gewürzt mit erläuternden Zitaten und Schlagzeilen. Kein Mikrofon, kein Verstärker - die Stimmen der Sänger füllen den Raum auch ohne moderne Technik mit zeitlos schönen und unpolitischen Liedern.

Zwei Stunden beste Unterhaltung wurde geboten in einem Stil, der so gar nicht an ein Konzert im klassischen Sinn erinnert. Erzählelemente fügten ein, was dem Zuhörer sonst verborgen geblieben wäre: die Gründung der Comedian Harmonists 1927, der erste Vertrag vorerst für Zwischenmusiken, der Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 und das drohende Berufsverbot für die drei jüdischen Mitglieder der Gruppe.

Drei Tenöre, ein Bariton, ein Bass und ein Mann am Klavier - das Erfolgskonzept von damals ist auch das Erfolgskonzept von heute. Thomas Winter, Johannes Schwärsky, Paul Hörmann, Thorsten Hennig und Alexander Franzen schlüpfen in die Rollen der Sänger und amüsieren zusätzlich mit kleinen Gimmicks. Am Klavier sitzt Jörg Daniel Heinzmann. Das Stück, das erfolgreich am Theater am Kurfürstendamm lief, tourt mit dem zweiten Teil der Geschichte unter dem Titel "Jetzt oder nie" durch die Republik. Wittenberg war übrigens der einzige Auftritt im Osten Deutschlands. Erzählt wird vor allem die Geschichte nach 1935, als die Mitglieder getrennte Wege gehen mussten: die "arischen Mitglieder" gründeten mit anderen fortan das "Meistersextett", die jüdischen Mitglieder waren im Exil als Comedy Harmonists weiter erfolgreich.

Das Publikum war nach zwei Stunden Konzert restlos begeistert, vor allem über die ungewöhnliche Kombination von Liedern und historischem Kontext und fragte, wann sie denn wiederkommen.

Insider-Scherz

Mit Standing Ovations erheischten die 350 Zuhörer drei Zugaben. Ein kleiner Insider-Scherz hatte das Publikum übrigens mittendrin stutzig werden lassen. "Tatjana Wehmeier als Miss Germany" Anfang der 30er Jahre? Heinz Wehmeier von der Deutsch-Russländischen Gesellschaft schmunzelte. "Meine Tochter", erklärte er. "Der zweite von links oben auf der Bühne ist mein Schwiegersohn." Womit das dann auch geklärt war.