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Stadtkirche in Wittenberg Stadtkirche in Wittenberg: Der neue Jugendpfarrer kommt aus Afrika

Von Corinna Nitz 08.10.2018, 16:41
Die Stadtkirchenpfarrer Johannes Block (r.) und Alexander Garth zusammen mit Gästen aus Nairobi bei der Amtseinführung von Jugendpastor Frank Koine: Seit August lebt der 40-Jährige mit seiner Familie in Wittenberg.
Die Stadtkirchenpfarrer Johannes Block (r.) und Alexander Garth zusammen mit Gästen aus Nairobi bei der Amtseinführung von Jugendpastor Frank Koine: Seit August lebt der 40-Jährige mit seiner Familie in Wittenberg. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Für einen Augenblick ist nicht ganz klar, wem hier applaudiert wird: Charles Ng’ang’a für seine Predigt oder Alexander Garth für dessen lebhafte Simultanübersetzung derselben aus dem Englischen. Fest steht: Es passiert nicht oft, dass die Gemeinde sich in einem herkömmlichen protestantischen Gottesdienst mit Beifall meldet.

An diesem ersten Oktobersonntag tut sie das: Wie in anderen Kirchen und Gemeinden, so feiern sie in der Wittenberger Stadtkirche Erntedank und die Erträge sind nach dem Extremsommer nicht unbedingt selbstverständlich. Vor allem aber wird Frank Koine aus Kenia in sein Amt als Missionar und Jugendpastor eingeführt.

Dazu ist auch Ng’ang’a mit weiteren Vertretern aus Koines Heimatgemeinde Mamlaka Hill Chapel in Nairobi angereist. In seiner Predigt zitiert er aus dem Matthäusevangelium - Kapitel 28 beschreibt jene Situation, als Frauen zu Jesu Grab gingen und dieses leer vorfanden. Sie müssen einen unvorstellbaren Schreck bekommen haben, aber ein Engel sagte ihnen, dass der Gekreuzigte auferstanden ist. Die Frauen sollten sich nicht fürchten, sondern zu den Jüngern gehen und die frohe Botschaft weitertragen.

Nichts anderes soll Koine tun, die gute Botschaft weitertragen, ja, missionieren, denn der Kirche bleiben die Mitglieder weg, anders gesagt: Gemeinden drohen zu überaltern und die Jugend scheint sich, so sie nicht entsprechend geprägt wurde, wenig angesprochen zu fühlen. Vielleicht ist es eine Herkulesaufgabe, die vor dem 40-Jährigen liegt. Aber vielleicht fliegen ihm die Herzen ja auch nur so zu, wenn er - wie in seinem Einführungsgottesdienst - im Altarraum selbst den Flügel spielt oder bekannte Lieder so interpretiert, dass die Gemeinde schon wieder die Hände zum Applaus hebt.

Koine, der in Nairobi auch als Musikpastor und -produzent tätig war, ist übrigens nicht allein nach Wittenberg gekommen. Seine Frau, eine Umweltwissenschaftlerin, und die beiden Töchter begleiten ihn. Im jüngsten Mitteilungsblatt hatte Garth die Gemeinde um Unterstützung für die Familie gebeten. Von einer großen Solidarität war nun gegenüber der MZ die Rede.

Ohne Stadtkirchenpfarrer Garth wäre Koine nicht in Wittenberg. Bereits in Berlin in der von ihm gegründeten Jungen Kirche wollte Garth den Schwung auch im Glauben aus Kenia importieren, doch sei das am Geld gescheitert. In der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) kann der Traum verwirklicht werden. Zwar mag auch die EKM finanziell nicht auf Rosen gebettet sein, gleichwohl haben sie ein Projekt aufgelegt, das unter dem Motto „Erprobungsräume“ firmiert und auch die Anstellung von Frank Koine in Teilen ermöglicht. Worum es geht? Um „frische Formen von Kirche und Pioniere, die (...) Ungewöhnliches wagen“, so wird der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm im Netz zitiert.

Zu Koines Aufgaben in Wittenberg und im Kirchenkreis gehöre es u. a., Jugend- sowie Familiengottesdienste aufzubauen. Auch über Segensfeiern für junge Menschen, die der Gemeinde nicht angehören, wird nachgedacht. An der evangelischen Schule soll das zweisprachige Musikprojekt „Modern Gospel“ beginnen. Voraussichtlich fünf Jahre Zeit hat Koine.

Und apropos Sprache: Die Koines sind englische Muttersprachler, haben aber einen Deutsch-Intensivkurs absolviert. Und am Sonntag noch ein Geschenk aus der Gemeinde erhalten: eine Jubiläumsausgabe der Luther-Bibel - „natürlich in Deutsch“, so der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats Jörg Bielig. (mz)

Es muss nicht immer Orgel sein: Frank Koine und Alexander Garth beim gemeinsamen Musizieren in Wittenbergs Stadtkirche
Es muss nicht immer Orgel sein: Frank Koine und Alexander Garth beim gemeinsamen Musizieren in Wittenbergs Stadtkirche
Thomas Klitzsch