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Söllichauer protestieren gegen höhere Gebühren

Von NICO FLIEGNER 10.01.2010, 17:58

SÖLLICHAU/MZ. - Am Freitagabend kamen über 200 Bürger im Saal des Kulturhauses zusammen, um sich gegen diese Pläne zu wehren. Während draußen Sturmtief Daisy auf sich warten ließ, brach drinnen ein ganz anderes Unwetter vom Zaun: das der Empörung und Schuldzuweisungen. Ein voll besetzter Saal und Stühlemangel - viele Söllichauer, die Antworten auf Fragen hatten. Wie weiter mit den Schulden und Gebühren? Die Köpfe der Protestler - Bernd Bendix, Klaus Grünert, Kurt Neumann und Michael Michailow - zeigten sich überrascht. Mit so vielen Leuten hatten sie nicht gerechnet. Und die waren mitunter erzürnt über das, was in den vergangenen Jahren im kleinen Heidedorf unter Bürgermeister Lothar Hennig offenbar falsch lief. Einmal abgesehen von einem Kredit über eine Million Euro - mit ihm wurde die Anlage finanziert - seien zusätzliche Schulden in Höhe von 120 000 Euro und weiteren 90 000 Euro aufgelaufen. Letztere hätten nicht sein müssen, erklärten die Protestler. Grund dafür: In Söllichau gibt es laut einer Liste, die Ortsbürgermeister Dirk Koch kennt, 65 säumige Haushalte, die teils mit bis zu 3 000 Euro in der Kreide stehen. Koch selbst zweifelt die Liste an, wartet nun auf eine neue, die ihm Ende Januar zugänglich gemacht wird. Denn Namen, die draufstehen, habe er abtelefoniert und diejenigen hätten ihm bestätigt, gezahlt zu haben.

Das ist aber nur der eine Punkt, weshalb Schulden da sind - das Mahnwesen versagte. Ein anderer die laut Bürgern "unnötige Beschäftigung" einer Vollkraft im Eigenbetrieb, die jährlich 45 000 Euro verschlang. Die Person ist mittlerweile in Altersteilzeit, die Kommune muss aber noch zwei Jahren weiter zahlen. Die Abwicklung über ein Rechenzentrum wäre billiger gewesen (15 000 Euro pro Jahr), hieß es - der Eigenbetrieb hätte in neun Jahren 270 000 Euro sparen können. Jetzt soll jeder Haushalt etwa 201 Euro mehr im Jahr fürs Wasser und Abwasser zahlen, damit die Schieflage des Betriebes gerade gerückt werden kann. Doch "wir zahlen nicht für die, die nicht zahlen", sagte einer im Saal. Deshalb geht der Widerstand weiter. Auf der Versammlung am Freitag stimmten bis auf zwei Enthaltungen alle Anwesenden mehreren Punkten zu, die verlesen wurde: Zum einen sollen Protest und Widerstand weiter gehen. Die Bürger wollen die 90 000 Euro Schulden nicht zahlen. Des Weiteren soll der Stadtrat von Bad Schmiedberg einen am 27. November gefassten Beschluss zurücknehmen. Die Bürgerinitiative will außerdem darauf hinwirken, dass die bis dato säumigen Zahler gerichtlich belangt werden. Und schließlich sollen die Gebühren neu kalkuliert werden. Klaus Grünert, Bernd Bendix, Michael Michailow, Kurt Neumann und Günther Hildebrand werden künftig im Auftrag der Söllichauer mit der Stadt Gespräche aufnehmen. Ziel sei zunächst eine außergerichtliche Lösung. Kommt es nicht zu dieser, will die BI rechtlichen Beistand holen und möglicherweise klagen.

Die Frage ist nur, gegen wen? Ex-Bürgermeister Hennig, der Geschäftsführer des Eigenbetriebes war? Er hat angeblich von der Schieflage nichts gewusst, soll er gegenüber seinem Nachfolger Koch erklärt haben. Oder der Beschäftigte, der im Ruhestand ist? Er soll all die Jahre von Wirtschaftsprüfern entlastet worden sein, sagte Hannelore Purschwitz aus dem Dorf. "Es ist schwierig, jemandem vorsätzliches Handeln nachzuweisen", sagte Ortsbürgermeister Koch. Grünert sprach derweil von einer "Verletzung der Aufsichtspflicht". Und: "Bad Schmiedberg hat die Pflicht, den Söllichauern beizustehen."

Neben harscher Kritik am Ex-Bürgermeister gab es auch Bürger, die für Hennig eine Lanze brachen. Bert Gronau: "Wir sollten auch daran denken, was er für unser Dorf geleistet hat." Maik Matthäi erklärte: "Es ist eine Sauerei, Hennig an den Pranger zu stellen. Bitte hört auf mit der Hexenjagd und sucht lieber nach einer Lösung." Das will das Fünf-Gestirn nun anpacken. Ob es gelingt und die Söllichauer aus der Schuldenfalle kommen, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall sollten die Bürger die für März erwarteten Rechnungen bezahlen und auf den Überweiser "Unter Vorbehalt" schreiben, riet Grünert abschließend.