Silvester Silvester : Diskussion um Feuerwerk in Jessen

Jessen - Es zischt, dann fällt bunter Funkenregen vom Himmel, fast zeitgleich ertönt ein lauter Knall. Viele Menschen bestaunen jährlich zu Silvester das farbenfrohe Lichtspektakel und wünschen sich ein gesundes neues Jahr. Auch in diesem Jahr dürfen wieder bunte Raketen und Böller gezündet werden - obwohl, vor allem mit Blick auf die Umwelt, verstärkt über Sinn und Unsinn von Feuerwerk diskutiert wird. Seit Sonnabend können auch im Kreis Wittenberg wieder Feuerwerkskörper verkauft werden. Die Nachfrage ist traditionell groß.
Mehrere Tonnen Feinstaub
Dabei ist die Knallerei seit Jahren umstritten. Die Argumente der Gegner: Feuerwerkskörper verursachen Verletzungen, sie stressen Mensch und Tier, sie hinterlassen jede Menge Müll, sie verschmutzen die Luft - durch den Feinstaub, der beispielsweise beim Abbrennen einer Rakete entsteht. Laut Umweltbundesamt (Uba) in Dessau werden in der Silvesternacht rund 4200 Tonnen Feinstaub freigesetzt. „Das sind zwei Prozent der gesamten Feinstaubmenge in Deutschland“, berichtet die Wittenberger Schülerin Thea Keller. Die Klima-Aktivistin der „Fridays for Future“-Bewegung sieht das Feuerwerk zwar als Bedrohung für die Umwelt, ist aber dennoch gegen ein generelles Verbot: „Man muss mit kleinen Schritten anfangen, um den Leuten nicht den Spaß an Umwelt- und Klimaschutz zu nehmen.“
Eine Idee der Gymnasiastin ist es, ein großes zentrales Feuerwerk zu organisieren, wo sich Liebhaber der Böllerei treffen können, um das neue Jahr zu begrüßen. So müsse man als Privatperson nichts kaufen und könne dennoch ein gelungenes Spektakel am Himmel betrachten, benennt Keller die Vorteile.
Ein solches zentrales Feuerwerk würde natürlich die Beräumung des Mülls erleichtern. Schließlich werden private Feuerwerksreste erfahrungsgemäß keineswegs immer beseitigt - auch wenn dies eigentlich vorgeschrieben ist: „Die Reinigungspflicht ist gemäß der Straßenreinigungssatzung den Anliegern übertragen“, erklärt Raymond Kuhlert, Mitarbeiter des Jessener Ordnungsamtes. Erfahrungsgemäß müsse der Bauhof trotzdem einen großen Teil der Reinigung durchführen. In der zweiten Kalenderwoche, so schätzt Kuhlert, sei der Silvester-Müll größtenteils beseitigt. Er wünscht sich von den Anwohnern, die Überreste des Feuerwerkes vor dem eigenen Grundstück zu beseitigen, auch wenn die Raketen dort nicht selbst gezündet wurden.
Ein zentrales Feuerwerk, ist für Stephan Wittig, Geschäftsführer des gleichnamigen Baumarktes in Jessen, aus privater Sicht eine sinnvolle Überlegung. Mit dem vielen Geld, welches die Menschen dafür ausgeben, könne man sinnvollere Dinge tun, meint er. Der Chef des, nach eigenen Angaben zu Folge, größten Baumarktes im Altkreis Jessen, erklärt dennoch, dass mit einem Verbot privater Feuerwerke in seiner Branche einiges an Umsatz verloren gehen würde. „Der Umsatz hat sich bei uns von 2010 bis 2018 vervierfacht“, erklärt er. Auch mit dem diesjährigen Verkauf der Silvesterböller ist er zufrieden. „So, wie ich es höre, interessiert sich kein Mensch für ein ökologisches Feuerwerk“, sagt er. Ebenso wenig werde tierfreundliches Feuerwerk verlangt.
Wieder gibt es viele Käufer
Das Silvester-Spektakel ist für Petra Henkelmann, Leiterin des Nabu-Zentrums „Am Stadtwald“, ein Ausnahmezustand, den sie zwiegespalten betrachtet. Wenn sie nur an das Wohl der Wildtiere denke, so die Naturschützerin, würde sie von der Knallerei abraten. Andererseits betont sie: „Es ist eine alte Tradition und nur einmal im Jahr. Ich persönlich zünde keine Raketen und wäre dafür, den Verkauf von Feuerwerkskörpern einzudämmen.“ In der Siedlung am Stadtwald verlief es laut Henkelmann in den vergangenen Jahren relativ ruhig. Schon lange seien in den Tiergehegen keine Feuerwerksüberreste mehr gelandet.
Am Sonnabend hatte auch in zahlreichen weiteren Geschäften im Landkreis Wittenberg wieder Andrang wegen der bunten Silvesterkracher geherrscht. Im Baumarkt „toom“ hatten bereits am Sonnabend eifrige Kunden zugeschlagen, wie Marktleiter Jens Voss berichtete: „Wir hatten gerade geöffnet und schon bildeten sich an den Kassen lange Schlangen - die Einkaufswagen gefüllt mit Feuerwerkskörpern- und Batterien.“
Bis einschließlich Dienstag können Feuerwerksraketen gekauft werden - solange der Vorrat reicht. In Jessen, bei Werkers Welt Wittig war die Nachfrage, so groß, dass am heutigen Dienstag nicht mehr alles auf Lager ist: „Einige Sortimente werden ausverkauft sein, aber es wird noch was geben“, so Wittig.
Am Tag vor Silvester hat sich Norman, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will, in Jessen mit Feuerwerksbatterien eingedeckt. Ein schlechtes Gewissen wegen der Umwelt habe er nicht. „Wir knallen aber erst an Silvester ab 24 Uhr und räumen unseren Dreck auch gleich wieder weg“, erklärt er. Dolores Döring verzichtet zwar dieses Jahr auf ein privates Feuerwerk, aber spricht sich klar gegen ein solches Verbot aus: „Wenn die Leute daran Spaß haben, warum nicht“, sagt sie und begründet ihre Aussage damit, dass Silvester nur einmal im Jahr gefeiert werde.
Böse Geister, adieu!
So steht schon jetzt fest: Leise wird es zum Jahreswechsel auch im Landkreis Wittenberg auf keinen Fall zugehen. Immerhin sollen die Knaller, Heuler und Raketen ja die bösen Geister vertreiben. Und von denen hat wohl ein jeder seine ganz eigenen, nicht wahr? Möge es Ihnen wohl ergehen im neuen Jahr 2020!
››Geknallt werden darf nur am 31. Dezember und am 1. Januar.
(mz)