Selbst ernannter Monarch Peter Fitzek Selbst ernannter Monarch Peter Fitzek: Razzia im "Königreich Deutschland"

Wittenberg/MZ - Die Aktion eskaliert am Mittwochmittag kurz vor 12 Uhr. Urplötzlich verlassen schwarz gekleidete Polizisten, mit Helm, Schlagstock und Pistole ausgerüstet, Läden in der Wittenberger Altstadt und sperren zwei entscheidende Straßen im Zentrum: die Coswiger und die Schlossstraße. Passanten staunen nicht schlecht, sammeln sich, schimpfen und haben jede Menge Fragen, die sie an die Herren und Damen in Schwarz richten.
Dass es sich bei dem Großeinsatz am Mittwoch um die Begleiterscheinung einer Zwangsvollstreckung gehandelt hat, bestätigt Peter Fitzek. Die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) festgesetzten Zwangsgelder belaufen sich nach seinen Worten auf insgesamt rund 1,9 Millionen Euro. Die Beamten haben dem Vernehmen nach sowohl Geld, das sie gefunden haben in den verschiedenen Objekten des „Königreichs“, als auch sonstige Wertsachen mitgenommen. Aufgeben will der selbsternannte „Imperator“ trotz des zunehmenden Drucks offenbar nicht. Im Gegenteil. „Jetzt werde ich krasser“, sagt Fitzek gegenüber der MZ.
Unterdessen hat es der Wittenberger mit zahlreichen Baustellen zu tun, ganz davon abgesehen, dass seine einst nicht ganz kleine Anhängerschaft zusammenschmilzt, wie in der Stadt berichtet wird. Ein Amtsgericht in Niedersachsen hat den „König“ im Oktober unter anderem wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu drei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt - er hat seinen „BRD-Führerschein“ abgegeben und nur einen des „Königreichs“. Der Richter bezeichnete Fitzek laut „Wikipedia“ nicht nur als „notorischen Verkehrssünder“, sondern attestiert ihm auch eine „Fantasiewelt mit abstrusen politischen Vorstellungen“.
Weitgehend vergeblich, die sind so wortkarg wie verhüllt. Was ihnen entschlüpft und was die Runde macht in der Stadt, die brennend interessiert ist zu erfahren, warum zwei Straßen nicht passierbar sind, ist das Wort „Gefahrenlage“. Manche haben gleich den Begriff „Bombe“ auf den Lippen. Der, der es wissen muss, Andreas Meyer aus Potsdam, Pressesprecher der Bundesfinanzdirektion, sagt auf MZ-Anfrage: „Da ist was gefunden worden, wo der Verdacht nahe liegt, dass es sich um Sprengmittel handeln könnte.“ Eine Magdeburger Spezialeinheit sei angefordert, die Sachen zu untersuchen - bis die Entwarnung gibt, sollen die Straßen gesperrt bleiben.
Fitzek bleibt entspannt
Der, dem die ganze Aufregung gilt, sitzt nur wenige Meter entfernt bei „Tante Emma“ und blinzelt in die Sonne. Es ist der selbst ernannte Chef des „Königreichs Deutschland“, der „Souverän“, der sich einst krönen ließ mit Mantel und Zepter, heute trägt Peter Fitzek „Zivil“, eine einfache schwarze Jacke. Die „Bombe“, sagt er, „könnte ich trinken“. Es handele sich lediglich um eine Wasser-Salzlösung zur Erzeugung von Braungas, damit könne man Kraftstoff sparen, sagt Fitzek, „zwischen 20 und 30 Prozent“. Ihn scheint weder die Straßensperrung noch die Hundertschaft Polizei, die eigens wegen des „Königreichs Deutschland“ nach Wittenberg gekommen ist, sonderlich aufzuregen: „Damit muss man rechnen, wenn man Dinge tut wie ich.“
Der Großeinsatz beginnt bereits am Morgen. Polizisten in großer Zahl haben mehrere Objekte des so genannten „Königreichs Deutschland“ umstellt und durchsucht - darunter die „Königliche Reichsbank“ im Stadtzentrum und das riesige Gelände des einstigen
Krankenhauses Apollensdorf Nord, das „Staatsgebiet“ des selbst ernannten Monarchen, der früher, vor seinen königlichen Ambitionen, unter anderem als Koch und als Karatelehrer gearbeitet hat.
Es handle sich um eine Maßnahme der Zollverwaltung, bestätigt Andreas Meyer den Einsatz gegenüber der MZ. Er räumt auch ein, dass die Behörde um Amtshilfe bei Bundes- und Landespolizei gebeten hat. Was die Beamten genau suchen in der Mini-Monarchie möchte er nicht sagen. Das unterliege dem Steuergeheimnis. Das martialische Auftreten und die Masse der Beamten - allein in Apollensdorf sind ein gutes Dutzend Einsatzwagen zu zählen, Polizisten stehen an sämtlichen Eingängen, wohl um mögliche Fluchtversuche zu unterbinden - will Meyer nicht kommentieren. Das entscheide die Polizei nach der jeweiligen Gefährdungslage, so der Mann aus Potsdam, was er noch verrät ist die Zahl der Einsatzorte: drei.
Hintergrund der Aktion dürften die Zwangsgelder sein, die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) verhängt hat - wegen unerlaubter Bank- und Versicherungsgeschäfte. Die sind nicht bezahlt worden, so Bafin-Pressesprecher Sven Gebauer. Deshalb gehe es jetzt um die Vollstreckung. Allein das Zwangsgeld in punkto „Königliche Reichsbank“ beträgt 900 000 Euro, so Gebauer - und das ist nur eine Summe. Die Bafin befasst sich seit Jahren mit den Aktivitäten des Wittenberger „Königs“ rund um Reichsbank und Gesundheitskasse.
Der Spuk im Wittenberger Zentrum ist nach etwa zweieinhalb Stunden vorbei. Die Sperrung wird aufgehoben. „Wir haben“, sagt Doreen Wendland von der Polizei-Direktion Dessau, „ein verdächtiges Behältnis gefunden. Der Verdacht hat sich nicht bestätigt.“
