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Schallschutz mit Chinagras

Von Sabine Wesner 07.12.2007, 19:00

Kemberg/MZ. - Als Pilot- und Demonstrationsprojekt wurde die neuartige Schallschutzwand im Rahmen des Inno-Regio-Projektes "Naturstoffinnovationsnetzwerk Altmark" (NinA) in dieser Woche an der Teststrecke für Hochgeschwindigkeitsbahnen in Gardelegen eingeweiht.

Entwickelt wurde das vom Land Sachsen-Anhalt geförderte Forschungsprojekt in Kemberg von den Firmen Anlagenbau- und Industrieservice Kursawe (AIS) und Fenger Beton, die sich dazu die Unterstützung der Institute für Fertigteiltechnik und Fertigbau in Weimar und für Lacke und Farben in Magdeburg mit ins Boot holten. "Vor etwa zwei Jahren haben wir mit der Entwicklung des Materials begonnen", erzählt Wolfgang Kursawe, der der geistige Vater des Projektes ist. Denn obwohl sich der AIS-Geschäftsführer mit seiner 1998 gegründeten, heute 23 Mann starken Firma dem Stahlkonstruktions- und Rohrleitungsbau sowie deren Montage im In- und Ausland verschrieben hat, beschäftigt sich der studierte Verfahrenstechniker seit etwa sieben Jahren eher hobbymäßig mit dem Schallschutz.

"Irgendwann hat mich mal jemand auf das Chinagras aufmerksam gemacht, bei dem ich im Zuge von Untersuchungen ein ungewöhnliches Potenzial für die Schall- und Wärmedämmung entdeckte", erzählt der Kemberger, der gemeinsam mit dem Weimarer Institut an der Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes arbeitete und als "Chinagrasexperte" unter anderem auch an der Universität Bonn Vorträge als Gastdozent hält.

Mit dem Häcksel der Pflanze, die auch Miscanthus genannt und in einigen Bundesländern als Brennstoff angebaut wird, haben Kursawe und Wolfgang Epperlein, Geschäftsführer bei Fenger Beton, nun gemeinsam mit den Wissenschaftlern der Institute einen Baustoff mit hervorragenden Eigenschaften für Schallschutzwände entwickelt und im September und Oktober in einer Halle von Fenger Beton hergestellt. "Nur drei Jahre hat es von der Idee bis zur Einweihung der Teststrecke gedauert", resümiert der Kemberger. Neben Kies, Beton und Chinagras gehören Hanfschäben sowie Raps- und Gewürzpflanzenstroh zu den Bestandteilen des Materials, das aufgrund seiner Porosität wesentlich mehr Schallwellen absorbiert als vergleichbare Flächen aus Beton, Holz oder Aluminium. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsförderer Peter Timme von NinA und weiteren Partnern haben sie das innovative Projekt so weit entwickelt, dass nun die vermutlich europaweit einzigartige 100 Meter lange Schallschutzwand in Gardelegen übergeben werden konnte.

"Bis März 2008 werden dort Messungen stattfinden," hofft nicht nur Kursawe, dass das Projekt, für das bereits ein Patent angemeldet wurde, Erfolg hat. Denn dann könnten die Schallschutzwände aus Kemberg bald überall in der Welt an Bahnschienen, Autobahnen und Schnellstraßen stehen.