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Reso-Witt und Corona Reso-Witt und Corona: Was den Kindern fehlt

Von Anika Würz 16.06.2020, 09:02
Tobias Baumgarte im Reso-Witt-Objekt in der Großen Bruchstraße in Wittenberg
Tobias Baumgarte im Reso-Witt-Objekt in der Großen Bruchstraße in Wittenberg Thomas Klitzsch

Wittenberg - Der Verein Reso-Witt habe auch in den vergangenen Monaten uneingeschränkt Dienste im Fachbereich der Jugendhilfe geleistet, denn insbesondere während Pandemie und Lockdown war und ist sie dringend nötig. Das erklärt Tobias Baumgarte, Sachgebietsleiter für die Hilfen zur Erziehung (HzE) gegenüber der MZ. Allerdings habe die Arbeit verändert werden müssen.

Schwerpunkt Familienhilfe

Während der Pandemie und während des Lockdowns unterhielten die circa 20 Mitarbeiter der HzE uneingeschränkt Kontakt mit den 98 zu unterstützenden Familien. „Die Termine waren nicht weniger als sonst, aber anders verteilt“, erklärt Baumgarte. Anfangs gab es viele Telefonate und Videochats, später folgten auch gemeinsame Spaziergänge auf Abstand. Im großen Reso-Witt-Gelände an der Großen Bruchstraße durften immer wieder einzelne Kinder das Klettergerüst oder den Spieleschuppen nutzen. „Da hat man richtig gemerkt, dass den Kindern was fehlt“, erinnert sich Baumgarte.

Gefehlt hat es den Kindern und Jugendlichen oft auch an Struktur, sagt er: „Es waren einfach mal neue Bedingungen, der Tag musste einfach anders strukturiert werden“. Nicht nur Zeitpunkte, um Schulaufgaben zu erledigen, erarbeiteten die HzE mit den Familien. „Positives Denken und positive Akzente“ zu schaffen, sei laut Baumgarte ebenfalls ein wichtiges Ziel gewesen. Kreative spielerische Einheiten sollten von der Unsicherheit, dem Unmut, der Überlastung vieler Familien ablenken.

Viele Stressoren plagten das Familienumfeld während des Lockdowns, weshalb die HzE auch mit Streitschlichtungen beistand. Baumgarte blickt diesbezüglich zufrieden zurück: „Wenn es sehr kritisch wurde, musste man im Bereich des Kinderschutzes intervenieren und mit dem Jugendamt ins Gespräch gehen. Das ist in der Summe weniger gewesen, als wir erwartet haben“.

Hilfe für Aushilfslehrer

Die beiden Reso-Witt-Schulsozialarbeiter stellten sich in den vergangenen Monaten nicht mehr nur als Mittler zwischen Lehrer und Schüler dar.

Während der Schulschließungen spielte die Unterstützung bei den Hausaufgaben - ob inhaltlich oder technologisch - eine große Rolle, denn viele Eltern waren plötzlich Aushilfslehrer und damit nicht selten überfordert. „Ein absoluter Gewinn und eine gute Ressource“ sei die aktuelle FSJlerin gewesen, die inhaltlich besonders nah am Thema Schule gewesen wäre und gute Dienste geleistet habe.

Seit Kurzem besuchen die meisten Schüler in Wechselmodellen wieder den Unterricht. „Auch das musste organisiert werden“, so Baumgarte. Mittlerweile sei man diesbezüglich wieder im Alltagsstress angekommen, doch die Kinder und Jugendlichen freut's: „Es gab nicht wenige Schüler, die sich eigentlich gefreut haben, dass es bald wieder losgeht“, so Baumgarte. Dabei sei das Motiv nicht allein die Wiedersehensfreude unter Schulkameraden, sondern auch die Möglichkeit, wieder face-to-face von einem Lehrer unterrichtet zu werden.

„Wir wurden ja quasi in den letzten Monaten so ein bisschen systemrelevant gemacht. Das tut natürlich extrem gut, wenn man auch in der Öffentlichkeit eine Benennung bekommt“, reflektiert Baumgarte. Die letzten Monate habe viele seiner Mitarbeiter an ihre Belastungsgrenzen geführt. Den Dienst dennoch nicht heruntergefahren zu haben, war eine enorme Leistung, weiß er zu berichten.

Engerer Austausch

Ganz allein ist Reso-Witt während der Pandemie nicht: „Durch die letzten Wochen ist die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Trägern und dem Jugendamt noch mehr gewachsen. Das hat uns allen gut getan und uns nach vorne gebracht“, berichtet Baumgarte. Der regelmäßige Austausch von Tipps, Feedback oder einfach mal ein paar lieben Worten sei vor Jahren in der Form nicht denkbar gewesen. So belastend die letzten Monate waren, Baumgarte weiß: „Da können wir schon so einiges mitnehmen“.

So sei die Videotelefonie ein guter Ersatz für den direkten Kontakt, wenn die zu Betreuenden aufgrund von ansteckenden Krankheiten lieber nicht persönlich besucht werden sollten. Für die Arbeit in den Büros von Reso-Witt könnte das Home Office im Falle eigener erkrankter Kinder „tendenziell eine Rolle spielen“, sagt er auch.„Was wir gelernt haben ist: Man kann es sich hier und dort einfach mal ein bisschen einfacher machen“, räumt Tobias Baumgarte ein. (mz)