Reinhild Hugenroth aus Wittenberg Reinhild Hugenroth aus Wittenberg: Die Grüne will Parteichefin werden

Wittenberg - Bei den Grünen im Land ist eine Spitzenposition zu vergeben nach dem Rücktritt der bisherigen Parteichefin Britta-Heide Garben. Garben hatte ihr Amt bekanntlich nach Plagiatsvorwürfen zur Verfügung gestellt. Die Grünen von Sachsen-Anhalt werden im November eine Doppelspitze wählen. Die bisherige Landeschefin Susan Sziborra-Seidlitz tritt erneut an. Auch der Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel hat seinen Hut in den Ring geworfen, ebenso wie die Wittenbergerin Reinhild Hugenroth. MZ-Redakteur Marcel Duclaud fragte die 56-Jährige, die ursprünglich aus dem Münsterland stammt, nach ihren Motiven und ihren Zielen.
Warum kandidieren Sie für den Parteivorsitz?
Reinhild Hugenroth: Weil ich glaube, einen wichtigen Beitrag leisten zu können, dass die Partei wieder kampagnenfähig wird.
Ist sie das nicht?
Wir hatten offensichtlich Probleme, was sich ja an mehreren Rücktritten zeigte. Und wir sind stärker als die 5,2 Prozent bei der letzten Wahl.
Was prädestiniert Sie für das Amt?
Ich kenne die Grünen ziemlich gut, von der lokalen Ebene bis Europa. Ich war hauptberuflich Geschäftsführerin der deutschen Grünen im Europaparlament, habe dort eine Wahlkampagne mitgestaltet. Damals, 1994, hatten wir ein zweistelliges Ergebnis. Ich habe also Leitungserfahrung, auch als stellvertretende Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC).
Welche Chancen rechnen Sie sich aus bei der Wahl?
Man muss klar sagen: Susan Sziborra-Seidlitz hat die Pole Position. Beide, auch Sebastian Striegel, sind hauptamtlich tätig und verfügen über strukturelles Vorwissen. Ich muss also aufholen und mache das, indem ich mich zurzeit an der Basis in den Kreisverbänden vorstelle.
Wie beurteilen Sie die Arbeit der Fraktion von Bündnis 90/Grüne im Landtag?
Gut. Da sind gerade mal fünf Leute, die müssen eine Menge Arbeit bewältigen. Sie tun alle, was sie können.
Gesetzt den Fall, Sie werden gewählt. In welche Richtung würden Sie die Grünen im Land führen?
Ich habe mir mehrere Punkte vorgenommen. Zum einen möchte ich, dass die Basis mitbestimmen kann - beim Spitzenpersonal für die Landtagswahl ebenso wie beim Landesvorsitz. Ein rechtlich abgesicherter Satzungsvorschlag ist bereits formuliert. Punkt zwei sind gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Ich weiß, was ländlich ist, bin auf einem Bauernhof groß geworden. In Sachsen-Anhalt sollte es eine Kommission geben, die sich darum kümmert. Und natürlich geht es um die Modernisierung des Bildungssystems, etwa um den Digitalpakt, um die Chancen und Risiken, die damit verbunden sind. Nötig ist ein technisch-pädagogisches Konzept. Und schließlich mahnt die Klimakrise zu einer Mobilitätswende. Wir müssen umsteuern: Schiene, Bus und Fahrrad intelligent verknüpfen. Außerdem schlage ich eine Modernisierung des Landes Sachsen-Anhalt vor, die ökologisch ausgerichtet sein soll.
Die Grünen erleben, zumindest bundesweit, Höhenflüge, liegen nach neuesten Umfragen gleichauf mit der CDU. Hätten Sie damit jemals gerechnet?
Wir müssen auf dem Teppich bleiben, auch wenn er fliegt. Umfragen haben nicht immer etwas mit der Realität in unserem Land zu tun.
Auf lokaler Ebene ist es zumindest im Osten schwer, ökologische Themen auf die Tagesordnung zu bringen. Sie sitzen in Kreistag und Stadtrat, mühen sich redlich. Was würden Sie sich wünschen hier vor Ort?
Ich versuche, das hauptamtliche Personal zu motivieren, anders zu schauen auf die Dinge. In Zeiten wie diesen könnte durchaus mal ankommen, dass wir Klimaschutzkonzepte brauchen und sie auch umsetzen müssen. Bei Großprojekten muss zwingend die Ökologie beachtet werden. Aber ich habe den Eindruck, dass Ökologie zunehmend als eine Chance betrachtet wird.
Sie leben privat eine schwarz-grüne Koalition, Ihr Mann gehört der CDU an. Funktioniert das denn?
Es klappt ausgezeichnet. Allerdings ist es immer so gewesen, dass wir nicht auf gleicher Ebene Politik gemacht haben. Gemeinsam kümmern wir uns um den ADFC. Und wir sind beide Politikwissenschaftler und Medienjunkies. Da können wir uns bestens austauschen. Was wir allerdings mit großer Verwunderung betrachten, das sind die Schwierigkeiten zwischen CDU und Grünen im Land. (mz)