Rarität in Wittenberg Rarität in Wittenberg: Weltkugel gesichert

Wittenberg/MZ - Fast 80 Jahre lang hat er einfach im historischen Bürgermeisterzimmer gestanden und gut ausgesehen. Dass der Großglobus im Alten Rathaus in Wittenberg ein besonders wertvolles Exemplar ist, war bis vor kurzem selbst Fachleuten nicht bewusst. „Dieser Großglobus ist eine Seltenheit“, sagte Andreas Wurda, Leiter der Städtischen Sammlungen Wittenberg. „Deshalb ist es notwendig, dass er gesichert wird.“ Gestern wurde das historische Stück konserviert und ins Depot der Städtischen Sammlungen gebracht.
Hergestellt wurde die Weltkugel im Jahr 1935 von der Berliner Globusmanufaktur „Columbus“. Die erste Auflage umfasste circa 40 Stück (eine zweite Auflage wurde 1937 produziert), von denen heute weltweit nur noch 18 existieren sollen. Ein Exemplar hatte die Stadt Wittenberg für 2 000 Reichsmark erworben. „Das war damals schon eine sehr hohe Summe“, so Wurda.
Seither stand der Globus im historischen Bürgermeisterzimmer und erlebte viele Empfänge. „Das waren natürlich keine optimalen Bedingungen“, sagte Wurda. Dass es sich bei dem Globus um ein derart kostbares Stück handelt, wurde allerdings auch erst mit dem Auszug der städtischen Sammlung aus dem Schloss bekannt. Dabei seien auch die externen Exponate bewertet worden.
Spuren der Zeit
Die Zeit hat Spuren auf der Weltkugel hinterlassen. An einigen Stellen fehlen inzwischen Teile der aufgebrachten Papierkarte, die darunterliegende Metallkugel blitzt durch. Damit der Globus keine weiteren Schäden nimmt, wurde nun die Konservierung veranlasst. Die Planung habe einige Monate in Anspruch genommen, so Wurda. Denn genauere Informationen über den Globus zu finden, gestaltete sich schwierig. Der Columbus Verlag wurde im Zweiten Weltkrieg ausgebombt und dessen Archiv dabei komplett zerstört. Also holte man die Meinung verschiedener Fachleute ein. Unter anderem musste auch geklärt werden, ob die Kugel auseinandermontiert werden kann.
Fachmann aus Dresden
Mit der Konservierung beauftragt wurde schließlich Jürgen Knoop aus Dresden, Diplom-Restaurator Papier und Grafik und ein wahrer Experte in Sachen Globen. Er ist für die Weltkugeln im Mathematisch-Physikalischen Salon der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zuständig. Beim Wittenberger Modell sicherte zunächst alle losen Teile, damit keine weiteren Fehlstellen entstehen. Was schon abgebröckelt ist, soll später ausgebessert werden. Dafür werden die entsprechenden Stellen von anderen Globen abfotografiert und passgenau eingesetzt. Der erfahrene Restaurator hat schon Ideen, welche Karten zur Wittenberger Kugel passen könnten.
Doch bis zur Restauration wird noch Zeit vergehen. Das nötige Geld muss noch aufgetrieben werden. Die Experten verfrachteten den Großglobus deshalb vorerst ins Depot der Städtischen Sammlungen. Vorsichtig wurde die Kugel dafür aus dem Untergestell gehoben. Lagen aus Papier, Luftpolsterfolie und weitere Folienschichten machten beide Teile transport- und zugleich lagerfähig. Letztes Hindernis war die Tür. Denn die war zu schmal für die Kugel mit ihrem Durchmesser von 1,10 Meter. Aber was nicht passt, wurde passend gemacht (siehe „Abtransport“). Dass der Globus irgendwann zurück auf seinen alten Platz kommt, ist unwahrscheinlich. Als Stück der Zeitgeschichte soll er in Zukunft Museumsobjekt bleiben, so Wurda - auch wenn er wohl keinen Platz in der Dauerausstellung bekommt.