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Premiere im Clack-Theater Premiere im Clack-Theater: Spitz und heiter beim Sommer-Kabarett-Festival

Von Karina Blüthgen 09.07.2018, 08:40
Ralph Richter, Stefan Schneegaß und Mario Welker (von links) als rüstige Rentner: „Mit 75 Jahren, da hört das Leben auf“.
Ralph Richter, Stefan Schneegaß und Mario Welker (von links) als rüstige Rentner: „Mit 75 Jahren, da hört das Leben auf“. Thomas Klitzsch

Wittenberg - „Haben Sie’s gesehen, das letzte Spiel unserer Rumpelfüße? Ich hab die ganze Zeit an der Fernbedienung den Knopf gesucht - für die normale Geschwindigkeit.“ Wenn Ralph Richter den Hausmeister mimt, wird es ordentlich bissig im Clack-Theater. Das findet nun bis 17. August zumeist im Hof von Markt 4 statt, denn das 13. Sommerkabarett hat begonnen.

Nur kurzer Seitenhieb

Und wenn das Motto schon „Jetzt schlägt’s 13“ heißt, kommt der gestandene Kabarettist natürlich nicht an der Fußball-WM vorbei. Doch mehr als ein, zwei kurze Seitenhiebe auf unsere Rasentreter, die offenbar vergessen hatten, ihre Kompressionsstrümpfe mit nach Russland zu nehmen, sind nicht drin am Premieren-Abend. Es geht schließlich um wichtigere Dinge, um die Rente, Integration und Aberglauben.

Am Freitag wird erstmals das neue Programm gezeigt, es macht den erfreulichen Eindruck von Straffheit. Zwar kommt es noch immer leicht unterhaltend daher, aber die Pointen sind spitz und wohl gezielt gesetzt. Keine Frage, das Ensemble ist an der Aufgabe gewachsen im Laufe der Jahre.

Natürlich dürfen die beliebten Rollen nicht fehlen, die sich als Running Gag durch die Jahre zielen Harry und Horst (Stefan Schneegaß und Ralph Richter) gehören dazu, die diesmal die auf dem Kopf stehende Alterspyramide bildhaft erklären und die deutsche Sprache verteidigen. Was dahin führt, dass Harry zwischen zwei Schluck Bier erklärt: „Man soll nur Worte sagen, die man auch schreiben kann.“

Das Ensemble des Clack-Theaters hat einen eigenen Preis ins Leben gerufen, den „Chapeau Clack“, der jährlich verliehen werden soll. Erste Preisträgerin ist Clara Widmer, die die Kabarettisten seit 15 Jahren begleitet hat. „Diese Aufführung heute ist Claras 40. Inszenierung. Auch deshalb ist es an der Zeit, ihr Danke sagen“, sagte Stefan Schneegaß am Freitag bei der Premiere des diesjährigen Sommer-Kabarettfestivals.

Wie bei der Oscar-Verleihung war eine Laudatorin eingeladen, die Clara Widmer bestens kennt. Urte Blankenstein, vielen bekannt als Frau Puppendoktor Pille, ließ wichtige Stationen von Clara Widmer Revue passieren. Beide hatten nach der Schauspielschule im Kleist-Theater Frankfurt/Oder mit dem Aschenputtel ihre Karriere begonnen.

„Sie war zudem die jüngste Mutter Courage. Als Barbara, Mario und Stefan 2002 den Mut hatten, ein eigenes Ensemble zu gründen, war Clara als Regisseurin und Dramaturgin dabei.“ Der so Geehrten fehlten sehr gerührt letztlich die Worte. „Ich danke euch“, sagte sie bei der Übergabe des vergoldeten Preises.

Köstlich ist auch Stefan Schneegaß als Bundeskanzlerin. Im zu engen Jäckchen und mit der Merkel-Raute fehlt nicht viel, und der Kabarettist würde Personenschutz brauchen. „Ich bin’s, die Perle aus der Uckermark“, flötet er/sie ins Publikum. Und das biegt sich schon nach wenigen Minuten vor Lachen.

Dazu passt als Premieren-Gaststar Lothar Bölck als Pförtner vom Kanzleramt wie die Faust aufs Auge. Der schaut dem „sprechenden Hosenanzug“ höchstens mal hinterher. Sie sei mit dem Hubschrauber gekommen, er habe vom Bahnhof herlaufen müssen - wegen der Diesel-Jeans. „Kanzler kommen und gehen, der deutsche Pförtner bleibt bestehen“, erklärt er und verrät dem Publikum, dass die Fahnenmaste am Kanzleramt die Anwesenheit von Merkel und Ministern anzeigen. „Sind die Fetzen dran, sind die Lumpen drin“ sagt er und korrigiert sich. Nein, Fahnen seien keine Fetzen.

Ansonsten schimpft er über die Bildung der jungen Leute, die nur bis drei zählen können, um zu wissen, wie viele Handys sie brauchen. „Wissenslücke heißt heute Funkloch. Und wenn der Akku alle ist, ist die Erde wieder eine Scheibe.“ Letztens habe er einen Jugendlichen gesehen, der über ein Zeitungsfoto gewischt habe. Ob Smartphone-App oder Navi, Bölck macht aus jedem Alltagsgegenstand ein lächerliches Ding, bei dem man just überlegen muss, ob man es wirklich braucht.

Freilaufender Rentner

Doch auch die Wittenberger Kabarettisten haben einiges auf Lager. Zum Beispiel den Rentner (Richter), der sich als „freilaufend“ outet und einem Ehepaar erklärt: „Ich bin Ihnen zugeteilt.“ Ältere Leute sollen auf Initiative der Bundesregierung in das alltägliche Leben integriert werden. Er aber wolle bloß nach seiner Rente sehen: „Was kann ich dafür, dass es mir so gut geht.“

Ob als Rentner im Altenheim, die die Chefin desselben in die Luft sprengen wollen, oder als fast perfekt integrierte peruanische Straßenband, es ist nicht nur Kabarett, sondern auch ein bisschen Comedy, was da über die Bühne geht. Der Aberglaube um die 13 ist (noch) gar nicht so präsent im Programm, wie man es befürchtet hat. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Vor Aktualisierungen ist keiner sicher. Da können sich die Zuschauer in den weiteren Aufführungen mit wechselnden Gaststars noch auf einiges gefasst machen. (mz)

Von Stefan Schneegaß und Urte Blankenstein erhält Clara Widmer den Chapeau Clack. Rechts: Barbara Schüler
Von Stefan Schneegaß und Urte Blankenstein erhält Clara Widmer den Chapeau Clack. Rechts: Barbara Schüler
Klitzsch
Herrlich bissig: Lothar Bölck
Herrlich bissig: Lothar Bölck
Thomas Klitzsch