Plausch im Reich der Bücher

Uthausen/MZ. - Seit nunmehr acht Jahren leitet die 64-Jährige die Bibliothek des Ortes, die sich in einem Nebengebäude hinter der alten Schule befindet. Etwa 30 Uthausener gehören zu ihren Stammlesern, die 2007 immerhin 1 201 Medien ausliehen. "Der Jüngste ist gerade mal fünf und meine Vorgängerin Ilse Pannicke gehört mit ihren 84 Jahren zu den ältesten Lesern", freut sich die Bibliotheksleiterin jeden Mittwoch von 16 bis 18 Uhr über Besuch. Der kommt aber nicht nur, um sich schnell mal mit neuen Büchern einzudecken.

"Gemütlich ist es bei Dagmar Lehmann", versichert Ramona Heßler. Die 46-Jährige gehört zu den Stammlesern. "Seit acht Jahren komme ich regelmäßig hierher. Denn jetzt, wo die Kinder ihre eigenen Wege gehen, habe ich auch wieder mehr Zeit zum Lesen", erzählt die Uthausenerin, die Zeitschriften und Groschenromane "fürs Gemüt" bevorzugt.

Ein Schälchen mit Süßigkeiten steht jeden Mittwoch bereit - und nicht nur Kinder und Jugendliche greifen gern zu, wenn hier junge und ältere Uthausener in gemütlicher Runde am warmen Ofen plauschen. "Es ist eigentlich immer jemand da. Und am meisten freue ich mich, wenn ich auch bei jungen Leuten die Liebe zum Lesen wecken kann", gesteht die Frau, die sich als Leseratte bezeichnet.

Und nicht nur bei Sophie Herth hat sie das wohl auch geschafft. "Krimis, aber auch Material für die Schule", gehören zu den Favoriten der 14-Jährigen, die seit sechs Jahren in die "Bücherstube" von Frau Lehmann kommt. "Da hängen sogar noch ein paar Zeichnungen von mir, die ich als Grundschülerin für Frau Lehmann gemalt habe", sagt das Mädchen und zeigt auf eine Wand mit etlichen Kinderzeichnungen. "Die habe ich alle aufgehoben", sagt Frau Lehmann und begrüßt Bastian Händler und Martin Sielaff. Die 15- bzw. 14-jährigen Schüler wissen die freundliche Atmosphäre zu schätzen. "Hier trifft man Freunde und Bekannte, erfährt Aktuelles aus dem Ort und kann gucken, was Frau Lehmann Neues in den Regalen hat", sagt Martin, der seit der ersten Klasse zu den Stammlesern zählt. CD, Technikbücher über Boote und Autos, Lexika für die Schule und natürlich Schokolade stehen bei den jungen Männern hoch im Kurs.

Auch für Christa Weber ist es schon eine lieb gewordene Gewohnheit, immer mittwochs in der Bibliothek vorbeizuschauen.

Schließlich hat die ältere Dame, die Zeitschriften und Krimis bevorzugt, gemeinsam mit der Bibliothekschefin und Frau Pannicke Zeitschriften abonniert, die sie, nach dem sie selbst gelesen haben, für die Besucher der Bibliothek zur Verfügung stellen. "Unterstützung bekomme ich auch von der Gemeinde und unserem Bürgermeister, der immer ein großes Herz für die Bibliothek hat", erzählt Frau Lehmann, die jedes Jahr 100 Euro für Neuanschaffungen zur Verfügung hat. "Das ist zwar nicht so viel, aber gemeinsam mit den Bücherspenden unserer Leser und den Angeboten der Wittenberger Ergänzungsbibliothek, die seit Januar wieder Bücher ausleiht, kann ich meinen Lesern immer wieder was Neues präsentieren", so Frau Lehmann. Im April geht sie in den Ruhestand.

"Kein Abschied für immer, als Leser bleibe ich der Einrichtung und meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin auf jeden Fall erhalten", versichert die Frau, die sich ein Leben ohne Bücher nicht vorstellen kann und will. "Interessenten, die die Bibliothek künftig leiten wollen, gibt es bereits", sagt Bürgermeister Hartmut Weber, der nun mit dem Gemeinderat und mit Frau Lehmann, für deren Engagement er nicht mit Lob spart, darüber beraten will, wer das Reich der Bücher, das für die Uthausener eben mehr ist als "nur" eine Bibliothek, ab 1. April übernehmen soll.