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Nackter an Schlosskirche Nackter an Schlosskirche: Kommt jetzt die Videoüberwachung?

Von Alexander Baumbach 09.11.2016, 09:07
Max Uwe Jensen lief nach der Aktion an der Thesentür nackt durch die Innenstadt.
Max Uwe Jensen lief nach der Aktion an der Thesentür nackt durch die Innenstadt. privat

Wittenberg - Droht dem dänischen Performancekünstler Max Uwe Jensen nun doch Ärger mit der Justiz? "Wir prüfen, ob wir Anzeige gegen den Mann erstatten", erklärte Jörg Bielig am Dienstagabend gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung. Der Kustos des Schlosskirchenensembles meint  mit dem "Wir" nicht nur die Schlosskirchengemeinde, sondern auch das Evangelische Predigerseminar, dass die Verantwortung für die Nutzung des Gotteshauses trägt.

Nackter Mann an der Schlosskirche: Justiz muss zwischen Schwere der Tat und Freiheit der Kunst abwägen

Die Schlosskirche war erst vor wenigen Wochen nach mehrjähriger Renovierungszeit pünktlich zum Beginn des Reformationsjubiläums wieder eröffnet worden. Am Sonntagmittag hatte sich der dänische Künstler in einem "Happening" nackt hinter der Absperrung vor der Thesentür aufgestellt und seinen Penis an die Replik der Tür geklebt, an die Luther vor 499 Jahren angeblich seine 95 Thesen genagelt haben soll. Dabei zitierte er laut, aber in gebrochenem Deutsch den Reformator mit den Worten: "Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Martin Luther was a rebel".

Er war nach der Aktion erst unerkannt geflüchtet, hatte sich aber später gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung als Urheber der Aktion gezeigt. Eine Strafverfolgung etwa wegen Hausfriedensbruchs oder wegen exhibitionistischer Handlungen sind sogenannte Antragsdelikte, die von einem Geschädigten angezeigt werden müssen, damit Anklage erhoben werden kann. Dann muss die Justiz zwischen der Schwere der strafbaren Handlung und der Freiheit der Kunst abwägen.

Wegen nackter Haut: Youtube-Video wurde zwischenzeitlich gelöscht

Das Youtube-Video, dass die Aktion des Dänen vor der Thesentür zeigte, wurde zwischenzeitlich gelöscht, weil es gegen die Richtlinien des Portals zu Nacktheit und Pornografie verstößt. An anderen Stellen im Netz findet es sich aber weiterhin öffentlich einsehbar.

Videoüberwachung sinnvoll?

Unterdessen denkt man im Wittenberger Rathaus auch laut über eine Videoüberwachung des Schlossplatzes nach. "Das wird ein Thema in unserer nächsten Sicherheits-Arbeitsgruppensitzung sein. Wir überlegen, ob das sinnvoll ist", erklärt Stadtsprecherin Karina Austermann auf MZ-Nachfrage. "Wir sprechen dazu mit der Polizei. Natürlich wissen wir, dass man damit keine Straftaten verhindert. Aber vielleicht ist die Aufklärung dann einfacher."

Polizeisprecher Ralf Moritz warnt vor übertriebenen Maßnahmen. "Das Anbringen von Überwachungskameras unterliegt strengen Regeln des Datenschutzes, die mit der Gefahrensituation vor Ort abgewogen werden müssen. Hätten wir dort eine erhebliche Anzahl von Straftaten an dem Ort, könnte man darüber nachdenken. Das ist am Schlossplatz aber nicht der Fall", gibt er zu bedenken. Zum jetzigen Zeitpunkt gebe es keinen Anlass, eine Videoüberwachung rund um die Uhr durchzuführen. "Etwas anderes wird das bei Großveranstaltungen zum Reformationsjubiläum sein. Da werden wir wahrscheinlich tatsächlich anlassbezogen Kameratechnik zur Steuerung von Besucherströmen und zur Lenkung der Einsatzkräfte einsetzen müssen", erklärt Moritz.

(mz)