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Mit Mut ins Millionenspiel

Von Dirk Skrzypczak 27.11.2007, 17:29

Coswig/MZ. - Für ihren unternehmerischen Mut hatte die Volksbank Dessau-Anhalt die 23-Jährige unlängst mit einem Sonderpreis über 1 500 Euro geehrt (die MZ berichtete). 52 Kandidaten waren im Rennen um den Existenzgründerpreis in Anhalt-Bitterfeld, davon 19 aus dem ehemaligen Landkreis Anhalt-Zerbst. "Auch wir als Stadt wollen uns für ihr Engagement bedanken", sagt die Bürgermeisterin.

Rund fünf Millionen Euro flossen aus öffentlichen Töpfen in den Bau der Marina und die Altlastensanierung der einstigen Industriebrache. Entsprechend hoch sind die Erwartungen. Bisher werden sie erfüllt. Nicole Dirscherl ist mit ihrer ersten Saison als Betreiberin der Marina und der "Tobago Bar" zufrieden. Das eher unbeständige Wetter hat sich nicht als Nachteil erwiesen. "Unser Haus wird gut angenommen. Von allen Generationen übrigens", freut sich die junge Frau. Jetzt, an den eher nass-kalten und windigen Spätherbsttagen, seien allerdings weniger Senioren als sonst am Elbufer unterwegs.

Nun hat die gebürtige Bayerin das nächste Objekt an der Angel. Den "Alten Fritz" im Herzen Coswigs will sie als Pächterin mit gutbürgerlicher Küche, "passend zum Namen", und einer Cocktaillounge zu neuem Glanz verhelfen. Am 8. Dezember soll die Lokalität gegenüber vom Rathaus mit zwei Angestellten öffnen. Auch in der "Tobago Bar" hat die Buroerin zwei Arbeitsplätze geschaffen. Die Expansion in die örtliche Gastronomielandschaft begründet sie aus der nüchternen Sicht einer Firmen-Chefin. "Der Gastronomie-Markt ist umkämpft. Da mache ich mir die Konkurrenz lieber selbst."

Die Bürgermeisterin wundert der Elan nicht, pulsiert doch das Unternehmerblut in der Familie Dirschel schon seit mehreren Generationen. Vater Edmund kam gleich nach der Wende nach Klieken und stand als potentieller Investor gemeinsam mit Doris Berlin, damals noch Repräsentantin in der Gemeinde, auf einem leeren Acker an der Autobahn. "Ein positiv Verrückter", lacht Frau Berlin vergnügt. Heute führt er eine Autoteile-Firma und ist Gemeinderat in Klieken.

Einen Hang zum Wasser hatte seine Tochter schon, als sie noch in der Ausbildung zur Bürokauffrau steckte. In Dessaus grünem Stadtteil Sollnitz wollte sie am See eine Gastronomie nebst Wassersportinfrastruktur aufbauen. Mit ihrem Konzept sprach sie vor zwei Jahren im Stadtplanungsamt vor. "Allerdings habe ich von dort nie wieder etwas gehört." Dann nahm die Marina in Coswig Gestalt an, und Nicole Dirscherl bewarb sich erneut - dieses Mal mit Erfolg.

Den wohl wichtigsten Pfeil hat sie noch im Köcher. Im kommenden Jahr soll auf einem drei Hektar großen Grundstück an der Marina der Bau eines ganzjährig nutzbaren Campingplatzes beginnen. Auf Baukosten von 1,2 Millionen Euro belaufen sich die Kalkulationen. 15 Arbeitsplätze sind ebenso im Gespräch wie in einer weiteren Ausbaustufe ein Bungalowdorf. "Bei dem Gedanken wird mir schon ein wenig mulmig", sagt die 23-Jähriger. Zeit zum Grübeln bleibt ihr aber kaum. Im "Alten Fritz" wartet die Arbeit. Und ruck-zuck ist auch schon auf Achse.