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Männer mögen es stachelig

Von Marcel Duclaud 18.06.2007, 15:29

Wittenberg/MZ. - Passenderweise in Verbindung zur 20. Ausstellung der Wittenberger Ortsgruppe der Deutschen Kakteengesellschaft in der Stadtrandsiedlung. Exotisch sind sie beide, sowohl die stachligen Pflanzen mit ihren wunderschönen Blüten als auch die Reptilien, die auf junge Leute offenbar eine zunehmende Anziehungskraft ausüben. Das hat zumindest Hans-Werner Rudloff erfahren, der auch schon bis Anfang der 90er Jahre die damalige Terrarianer-Gruppe beim Kulturbund leitete. Rudloff ist in der DDR ein bekannter Züchter von Schildkröten und Krokodilen gewesen. Jetzt will er seine Erfahrungen an den Nachwuchs weiter geben. In seinen heimischen Terrarien gibt es übrigens wirklich die Mischung, die die Schau vom vergangenen Wochenende prägte. Seine Schildkröten tummeln sich inmitten von Sukkulenten. Allerdings ist die Verbindung zu den Wittenberger Kakteenfreunden auch eine Tradition. Früher haben beide Gruppen ebenfalls gemeinsame Ausstellungen organisiert.

Davon weiß Sebastian Peter nur vom Hörensagen. Er gehört zu den jungen Mitgliedern der Regionalgruppe der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie. An die 15 Männer und Frauen sind es, die sich zusammen gefunden haben, um sich über ihre Tiere, über Fragen der Haltung oder Zucht auszutauschen. Was sie am Wochenende mitgebracht haben, ist zwar nicht sonderlich umfangreich, aber gleichwohl eindrucksvoll. Eine Schönnatter ist darunter (eine von der Art, die unlängst in einem Geschäft in der Wittenberger Innenstadt aufgetaucht war), nicht giftig, sie kann aber bemerkenswert lang werden. Ein kleiner Königspython hat sich zusammen geringelt, ein grüner Nackenstachler, ein Steppenwaran und ein Helmleguan hocken still in ihren Terrarien, ein Blauzungenskink sieht aus wie eine Mischung aus Echse und Schlange. "Das waren", weiß Peter, "früher ganz seltenen Tiere. Inzwischen sind sie auch in Wittenberg schon nachgezogen worden." Die Lebensweise ist es, die ihn fasziniert. Nicht zu vergessen, dass der Aufwand sich in Grenzen hält. Tägliches Füttern ist nicht immer nötig.

Auch Kakteen sind bekanntlich anspruchslos. Sie zum Blühen zu bringen, bedarf es dennoch eines glücklichen Händchens. Uta Reiche ist eigens deswegen zu den Wittenberger Kakteenfreunden gekommen: "Diese Pflanzen haben mich schon als Kind angezogen. Ich konnte sie aber nie zur Blüte bringen. Deswegen habe ich mal eine dieser Ausstellungen besucht und bin dann dabei geblieben." Inzwischen hat sie an die tausend stachlige Schönheiten zu Hause. Bei der Schau am vergangenen Wochenende verkauft sie auch Pflanzen. Ihre Erfahrung: "Frauen interessieren sich eher für die Sukkulenten, Männer für die stachligeren Kakteen." Im Übrigen kommen manche Liebhaber ganz gezielt zum Verkaufsstand: "Die haben einen Zettel mit und wissen genau, was sie suchen."

Ute Reiche selbst steht auf ein ziemlich stachliges Exemplar der Sorte Ferocactus macrodiscus: "Die sind schön gerippt, haben prima Dornen und blühen prächtig." Leider nicht zur Ausstellung. Was auf den milden Winter zurückzuführen sei. Manche Kakteen haben ihre Blüte schon hinter sich. Allerdings finden sich immer noch genügend farbenprächtig in Blüte stehende Pflanzen: es leuchtet rot, weiß, gelb, lila. Die Vielfalt ist enorm, auch die der Formen: länglich, kugelförmig, winzig klein mit so interessanten Namen wie Mammilaria oder Echiverien oder "Schwiegermutterstuhl".

Faszinierend sei, sagt der Vorsitzende der Wittenberger Ortsgruppe, Norbert Grosche, was für herrliche Blüten die Natur aus unscheinbaren Pflanzen hervorbringt. Er war im vergangenen Jahr vier Wochen in Mexiko und hat gesehen, unter welch rauen Bedingungen die Kakteen dort überleben, in Felsspalten oder Schluchten, lange ohne jedes Wasser, dann wieder mit viel zu viel. Dagegen hätten die stachligen Schönheiten hier ein Leben wie "Gott in Frankreich". Manchmal danken sie es mit wunderschönen Blüten.