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Luther-Melanchthon-Gymnasium Wittenberg Luther-Melanchthon-Gymnasium Wittenberg: Stadtkirchentag für Schüler

Von Irina Steinmann 11.12.2019, 11:42
Kirche als Lernort und Proberaum
Kirche als Lernort und Proberaum Thomas Klitzsch

Wittenberg - Soviel Gewusel herrschte lange nicht in der Stadtkirche. Erst ein beherzter Pfiff von Lehrer Sebastian Runge bringt schlagartig Ruhe in die munteren Reihen, die zu ungewöhnlicher Zeit, Dienstagvormittag, die Kirchenbänke nahezu komplett füllen. Es sind die Fünften des Luther-Melanchthon-Gymnasiums, knapp 150 Jungen und Mädchen, und der erste „Stadtkirchentag “ beginnt für sie mit einer (Stell-)Probe für das Konzert am Abend.

Heike Masser sieht alles

Hoch droben auf der Empore, die die wogende Menge dann doch irgendwie erreicht hat, sind freilich erstmal Benimmregeln dran, auch das gehört zum Programm und scheint notwendig, auch wenn die Christen-Quote am Gymnasium dem Vernehmen nach deutlich höher liegt, als es Wittenberger Durchschnitt ist. Lehrerin Heike Masser setzt dazu ihre allerresoluteste Theater-Stimme ein.

„Masser sieht alles, altes Gesetz!“, verwarnt sie hie und da aufblinkende Ausnahmen von der Regel, dass man a) in einer Kirche, ganz egal ob Christ oder nicht, ruhiger zu sein habe als anderswo und b) Mützen und Hüte dort auf Köpfen nichts zu suchen haben, einzige Ausnahme seien „religiöse Kopfbedeckungen“, die es auch gibt am Gymnasium.

Dies alles geklärt, klappt das erste Stück der Fünften, das jüdische Friedenslied Shalom Alechem, dann auch schon ganz gut, die Zuhörer am Abend dürften nichts zu klagen haben. Unten im Kirchenschiff macht sich unterdessen gelinde Unruhe breit: 12 Uhr ist doch Mittagsandacht!

Ja, aber heute mit Schülern. Pfarrer Alexander Garth hat seine Klampfe mitgebracht und sich routiniert auf sein junges Publikum eingestellt. Nach einer poppigen Version von „Tochter Zion“, die trotz herbeigeholter Gesangbücher nur sehr wenige Mitsänger findet, erteilt er noch rasch seinen Segen. Und damit gehen die Fünften nach Hause - und der „Stadtkirchentag“ wenig später für die Großen weiter.

Die Veranstaltung, für die das Luther-Melanchthon-Gymnasium die Unterstützung der Stadtkirchengemeinde gewinnen konnte, ist mehr als eine erweiterte Chorprobe für das traditionelle Weihnachtskonzert der Schule an diesem Ort, auch wenn dies der Ausgangspunkt war. Ziel sei, so Schuldirektorin Anja Aichinger, dass die Schülerinnen und Schüler „ein Gefühl für dieses Stück Wittenberg bekommen“.

Zwölftklässler nutzen die Probenpausen, um den jungen Sängern und Musikern in diversen Kurzvorträgen die verschiedenen Facetten des Gotteshauses nahezubringen, die Kunst darin, die Architektur und die Geschichte.

Die „Judensau“ gehört dazu. Franziskus Paul und Miguel Grund, die ihren jüngeren Mitschülern draußen auf dem Kirchplatz das Schmährelief und dessen Entstehung aus dem Antisemitismus erläutern, machen ihre Sache sehr überzeugend und ausgewogen. Am Ende aber sind fast alle für „Hängenlassen“.

Block: Brückenschlag

Dass zwei Mädchen in ihrem Vortrag zum Gemälde vom Weinberg des Herrn tatsächlich „unsere schöne Kirche“ gesagt haben, wie er es selbst gehört habe, freute Pfarrer Johannes Block besonders. Er bezeichnete die Veranstaltung als einen „Brückenschlag Schule - Kirche“, letztlich ein „Klassiker der Reformation“ (siehe Melanchthon!), und zeigte sich gegenüber der MZ einer Fortsetzung nicht abgeneigt.

Ähnlich äußerte sich Schulleiterin Aichinger. „Das war ein Test“, erklärte sie, offenkundig sehr zufrieden über dessen Verlauf. Dass es ihnen beim Stadtkirchentag „nicht nur“ und nicht einmal vorrangig um den „christlichen Glauben“ ging, betonte sie freilich auch. (mz)