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Traditionslokal in Wittenberg Lokal Tante Emma in Wittenberg: Heidi Schumann-Rudolph geht in Rente

Von Irina Steinmann 15.12.2017, 17:45
„Tante Emma“ ist eine Institution am Wittenberger Markt. Eröffnet wurde das Lokal 1998, in wenigen Wochen ist hier aber Schluss.
„Tante Emma“ ist eine Institution am Wittenberger Markt. Eröffnet wurde das Lokal 1998, in wenigen Wochen ist hier aber Schluss. Nicolay-Guckland

Wittenberg - Eine Anekdote aus der Zeit, als sie sogar ein bisschen Theater machten zum Mahl im Lokal: „Du ,bist’ nicht Tante Emma!“, hatte der Regisseur sie beruhigt, als sie mal wieder haderte mit ihrer Laienschauspielkunst. „Doch!“, hatte Heidi Schumann-Rudolph geantwortet.

Schumann-Rudolph und „Tante Emma“, das war in der Tat über viele Jahre ein und dasselbe, vermutlich glaubten manche sogar, dass sie Emma heißt. Die Touristen allemal, die in Scharen eingekehrten am Wittenberger Markt.

Kamen sie aus Übersee, fanden sie es hier so gemütlich deutsch. Und so sollte es ja auch sein. Latte Macchiato? Bitte gehen Sie zum Italiener. Bei Tante Emma gab’s Kaffee mit Sahne. Und der Wein kam von der Unstrut. Nach knapp 20 Jahren werden Tante Emma und Heidi Schumann-Rudolph jetzt allerdings voneinander getrennt.

„Am 31. Januar schließe ich die Stube zu“, sagt Tante Emma in einer Mischung aus Stolz, Trauer - und Trotz.

Abschied vom Wittenberger Markt nicht ganz freiwillig

Der Abschied ist nicht ganz freiwillig, wiewohl die Wirtin das Rentenalter lange erreicht hat und einen Ruhestand durchaus im Blick. Vorausgegangen sind Querelen mit dem Verpächter, das ist die kommunale Wigewe, Schwester des großen und ebenfalls städtischen Wittenberger Wohnungsunternehmens Wiwog, beide vertreten durch den Geschäftsführer Rando Gießmann.

Wie es in solchen Fällen häufig ist: Jeder hat Recht und keiner will’s gewesen sein. Fest steht: Der Pachtvertrag für „Tante Emma“ ist nicht um weitere fünf Jahre verlängert worden. Er hätte regulär bereits am heutigen Samstag geendet, beide Seiten haben sich inzwischen allerdings darauf verständigt, dass das Lokal bis Ende Februar weitermachen darf.

Damit kann „Tante Emma“ noch das Feiertagsgeschäft mitnehmen - nicht aber mehr ihr großes Jubiläum feiern: Am 17. Mai wäre sie 20 Jahre alt geworden. Eine „kurzfristige Verlängerung“, also bis zu diesem Datum, wie von Heidi Schumann-Rudolph zuletzt gewünscht, sei nicht möglich, erklärte Wigewe-Geschäftsführer Gießmann am Donnerstag auf Nachfrage der MZ. Einen Leerstand am Markt gelte es unbedingt zu verhindern.

An diesem Punkt kommen Dritte ins Spiel. Die Wigewe hat nämlich andere Pläne mit „Tante Emma“, wie Gießmann auch einräumt: Man wolle „höherwertige Gastronomie platzieren in der besten Lage der Stadt“ - und zwar per 1. Mai. „Es tut mir wirklich leid“, sagt Gießmann.

Heidi Schumann-Rudolph glaubt das freilich nicht. So könne man mit langjährigen Pächtern nicht umgehen, sagt sie, der „Wert des Menschen wird vergessen“. Starke Worte, die Gießmann mit einem angeblich zu langen Zögern der Wirtin kontert; zudem sei der von ihr präsentierte Nachmieter nicht geeignet gewesen, „Tante Emma“ weiter zu betreiben.

Heidi Schumann-Rudolph hatte sich für sich einen gleitenden Übergang in den Ruhestand vorgestellt, ein neuer Pachtvertrag auf fünf Jahre, von denen sie noch eines gemeinsam mit dem von ihr ausgewählten Neuen bestritten hätte. Nun aber steht fest: „Tante Emma“ hat keine Zukunft.

Für die gelernte Köchin, die sich angewöhnt hat, in der Vergangenheitsform über ihr Lokal zu sprechen, ist das bitter. Zwölf Mitarbeiterinnen - nein, Männer gibt’s nicht bei „Tante Emma“ - werden sich einen neuen Job suchen müssen, manche von ihnen sind so lange dabei wie sie selbst.

Noch sei zudem unklar, was aus der Einrichtung wird, die die früheren Bank- bzw. Parteibüro-Räume überhaupt erst zu einem heimeligen Restaurant machten. Wie auch die gewölbte Decke, wo die Trockenbauer seinerzeit irgendwas Grades drunterhängen wollten - dabei freilich nicht mit Tante Emma gerechnet hatten...

Tante Emma schließt Ende Januar

Ein Abschiedsfest werde es am 31. Januar nicht geben, sagt Tante Emma alias Heidi Schumann-Rudolph, „da werden wir mit unseren Tränen zu tun haben“, aber der Januar davor, der „wird noch mal der Hammer“: Viele Stammgäste werden dann ein letztes Mal erwartet.

Es werden überwiegend nicht die selben sein, die in Zukunft in dem repräsentativen Altbau einkehren. Namen der künftigen Wirtsleute werden noch nicht genannt - dass sie, wenn es nach der Wigewe geht, aus Dessau kommen werden, bestätigt Gießmann aber. Dort packt demnächst das vielfach ausgezeichnete „Pächterhaus“ zusammen. (mz)

Heidi Schumann-Rudolph in der Gaststube
Heidi Schumann-Rudolph in der Gaststube
Thomas Klitzsch