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Lesung Lesung: Jan Flieger setzt auf besondere Kriminalgeschichten

Von Ulf Rostalsky 24.04.2015, 16:40
Der Leipziger Schriftsteller Jan Flieger las in der Gräfenhainichener Stadtbibliothek aus seinen Kriminal-Büchern.
Der Leipziger Schriftsteller Jan Flieger las in der Gräfenhainichener Stadtbibliothek aus seinen Kriminal-Büchern. thomas klitzsch Lizenz

Gräfenhainichen - Wenn es kriminell wird, schlägt Jan Fliegers große Stunde. Dann ist der Leipziger in seinem Element. Er schreibt Krimis. „Schwarzhumorige Kriminalgeschichten“, wie er sagt. „Weil manche Leute die wirklich harten Thriller nicht mögen“. Flieger ist ein direkter Typ und sucht die Nähe zu seinen Lesen. In der Stadtbibliothek von Gräfenhainichen hörten ihm jetzt Dutzende von Neugierigen zu.

Eine Lesung nach Fliegers Art ist mehr als ein Schnelldurchlauf durch seine diversen Kriminalromane. Der Autor erzählt gern. Und läuft mit zwei prall gefüllten Taschen erst einmal durch die Reihen des Publikums. „Guten Abend.“ Bisschen ruhig, bisschen nuschelnd. Aber irgendwie doch mit reichlich Schalk im Nacken. So wirkt der Leipziger, der seit anderthalb Jahrzehnten voll aufs Schreiben setzt.

Geschrieben hat er immer schon. Deshalb die prall gefüllten Taschen, aus denen er weit mehr räumt als nur die Manuskripte für die Lesung. Buch auf Buch kramt der Autor hervor. „Ich habe versucht, die Krimis so realitätsnah wie möglich zu schreiben.“ Flieger spart Unangenehmes nicht aus. Auch zu DDR-Zeiten, als er mit „Der Sog“ einen Wirtschaftskrimi der anderen Art zu Papier brachte.

Es geht um Bereicherung im prestigeträchtigen Neuererwesen. Um die Verlockung einer jungen Liebe, die Ehefrau, die nicht loslassen möchte. Und um Mordpläne. Das waren Themen, die so nicht sein sollten im Arbeiter-und-Bauern-Staat. „Aber der Generalstaatsanwalt hat die Geschichte gewollt.“ Und so flimmerte Fliegers Stoff in der Reihe „Der Staatsanwalt hat das Wort“ über den Bildschirm.

Jan Flieger hat auch nach der Wende Themen angepackt, die unangenehm sind. Da wird ein achtjähriges Mädchen vergewaltigt und ermordet. Der jugendliche Täter kommt nach acht Jahren Jugendstrafe wieder frei. „Man stirbt nicht lautlos in Tokyo“ ist schließlich die Geschichte eines GSG9-Mannes, der noch ein halbes Jahr zu leben hat und im fernen Japan nach seiner Tochter sucht. „Manche Leute nutzen das Buch heute als den anderen Reiseführer durch Tokyo“. Jan Flieger kann sich sichtlich freuen an seinen Krimis, die er so aufbaut, dass der Leser „am Schluss schockartig erlebt, was hinter der Geschichte steckt“.

In der Stadtbibliothek redet der Autor über Geschichte, die das Leben schreibt. Auch erklärt er, wie er zu seinen Themen kommt. „Der Vierfachmord von Stötteritz“ ist das Ergebnis vieler Begegnungen und Gespräche mit dem Leipziger Polizeipräsidenten. „Ein guter Bekannter von mir.“ Jan Flieger ist geradeheraus. „Sie glauben gar nicht, was es alles gibt.“

Mit etwas Phantasie strickte er die Story um einen Giftmord. „Möwen sind keine Zeugen“ bietet alles auf, was das Herz des Krimifreunds begehrt. Flieger liest, ist Schelm. Er kann sich das Schmunzeln nicht verkneifen, obwohl gleich zwei Leute sterben werden. Der Mann, weil er seine Frau nicht mehr ertragen kann und die von ihr gekochte und mit giftigem Rhododendron angereicherte Suppe auslöffelt. Und die Frau, die vom Mann aus gleichem Grund von der Klippe gestoßen worden war, vorher aber noch das giftige Essen zubereitet hatte.(mz)