Landwirtschaft bei Boßdorf Landwirtschaft bei Boßdorf: Wer hat 360 Rinder freigelassen?
Boßdorf - Klaus Grieger stellt am Donnerstag klar: „Es gibt kein Bekennerschreiben. Und wir liegen mit niemandem im Streit.“ Trotzdem wird die Flämingland Agrar eG Boßdorf zum zweiten Mal in sechs Wochen Opfer Unbekannter. Die Täter öffnen alle Tore. Betroffen von den Attacken ist Zixdorf.
Die Täter kommen nachts zwischen 0 und 3 Uhr. „Wir arbeiten in Schichten, da aber ist die Anlage unbesetzt“, so der promovierte Tierarzt. „Wir haben aber auch schon Diebe selbst dingfest gemacht“, so der Vorstand.
Aktuell gehen die Unbekannten ganz zielgerichtet vor - das spricht gegen einen Dummen-Jungen-Streich. Möglicherweise kommen „Tierschützer“ in Frage, die gegen die Laufstallhaltung von Kühen protestieren wollen. Grieger hält das für Spekulation und berichtet, dass auch der Nachbar, die Agrar eG Hoher Fläming Rädigke-Niemegk, in Preußnitz einem solchen Angriff ausgesetzt gewesen sei.
Milchlieferung ist in Gefahr: Ein Tag zum Einfangen gebraucht
Fakt ist, die Frühschicht in Zixdorf hat 360 Kühe auf der fünf Hektar großen Anlage zerstreut vorgefunden. „Mit fünf Mitarbeitern haben wir einen ganzen Tag gebraucht, um alle Tiere einzufangen, zu melken und zu sortieren. Neben dem erheblichen Zeitverlust ist ein Schaden von 5000 Euro entstanden“, sagte Grieger.
Beim ersten Angriff habe der Schaden 3.500 Euro betragen. Denn die Agrar eG müsse Verluste bei der Milchproduktion hinnehmen, wenn Kühe in Stress geraten. „Dieses Mal waren es etwa 500 Liter weniger, die wir zur Molkerei nach Jessen liefern konnten. Pro Liter erhalten wir 30 Cent“, so Grieger.
Darüber hinaus habe sich eine Kuh verletzt, weil sie im Stall auf dem Futtertisch, der mit Epokzytharz versiegelt ist, ausgerutscht ist. „Der ist so glatt wie eine Eisbahn. Da hat eine Kuh, die 50 Kilo pro Tag frisst, nichts zu suchen“, so Grieger. „Mit Hebezeug, Decken und einer Zange musste sie wieder auf die Beine gestellt werden“, so der Tierarzt. Ihr gehe es wieder gut, sie laufe und fresse.
Keine Gefahr für Öffentlichkeit: Einfangen ist Stress
Die Angriffe bedeuten für die Öffentlichkeit keine Gefahr. Die Tiere bewegten sich im komplett eingezäunten Betriebsgelände. „Aber die Kuhställe müssen natürlich offen sein, es muss ja Luft rein“, so Grieger. Problematisch sei, dass sich die Kühe verschiedener Gruppen vermischen konnten.
„Schon das Einfangen ist problematisch, weil die Kühe dies nicht gewöhnt sind, in Stress geraten und dann einer erhöhten Verletzungsgefahr ausgesetzt sind“, so Grieger, der betont, dass Kühe einen geregelten Tagesablauf brauchen, damit ihre Milchleistung nicht gestört wird. „Jede Veränderung bedeutet Stress.“
Zwar sei jedes Tier gekennzeichnet, trotzdem bestehe laut Grieger die Gefahr, dass Kühe, die frisch abgekalbt haben, in den Melkstand kommen. „Diese Kühe geben keine verkehrsfähige Milch – sie ist für die menschliche Ernährung nicht geeignet“, so Grieger. „Es ist alles gut gegangen. Sonst hätten wir schon einen Anruf von der Molkerei bekommen“, so der Vorstand.
Die Melkerinnen hätten im 24-Gräten-Melkstand sehr aufgepasst. „Denn jeder Mitarbeiter weiß um die Sanktionen, speziell die Geldstrafen, die einem Betrieb drohen, der die Qualität nicht einhält“, so Grieger, der Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt hat. „Der erste Fall ist schon eingestellt“, so der Chef. Aber die Polizei habe zugesichert, die Streifentätigkeit zu verstärken.
(mz)