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Kunsthof Markt 4 in Wittenberg Kunsthof Markt 4 in Wittenberg: Herbstausstellung in schwieriger Zeit

Von Corinna Nitz 08.11.2020, 09:45
Die Künstlergemeinschaft vom Kunsthof Markt 4 in Wittenberg zeigt ihre Herbstausstellung. Diese Materialcollagen stammen von Fred Giese.
Die Künstlergemeinschaft vom Kunsthof Markt 4 in Wittenberg zeigt ihre Herbstausstellung. Diese Materialcollagen stammen von Fred Giese. July Wagner

Wittenberg - Wer Elektra hört, denkt vielleicht an die Königstochter aus der griechischen Mythologie. Jene Arbeit aber von Siegfried Appelt, die nun in der Herbstausstellung der Kunsthof-Mitglieder in Wittenberg zu sehen ist und unter dem Namen Elektra firmiert, soll mit dieser Dame nichts zu tun haben.

Tatsächlich hat das flache Gebilde vor einem Edelstahlrahmen mit einem Menschen keine Ähnlichkeit. Es heißt, der Künstler habe eine Silber-Nickel-Legierung verarbeitet, die noch aus DDR-Zeiten stamme. So greift die alte Zeit in die neue und zitiert auf ihre Art auch das Thema der Ausstellung: Kontaktaufnahme.

In Zeiten wie diesen, da die Corona-Pandemie gerade zu einem zweiten teilweisen Lockdown geführt hat und den Menschen nahegelegt wird, auf Kontakte möglichst zu verzichten, bekommt der Titel dieser Ausstellung noch mal einen anderen Klang.

Goldene Zwanziger

Bis auf die Schmuckdesignerin Maria Friedel sind alle Künstler und Kunsthandwerker, die da auf dem Cranachhof am Markt ihre Werke präsentieren, in dieser Schau vertreten, namentlich: Kerstin Altenberger (Glaskunst), Anka Demme (Keramik), Maria John (Gefilztes), Fred Giese (Plastik) und Marion Münzberg (Grafik). Münzberg, deren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt Dessau ist, zeigt Karten: Man kann sie verschicken, also Kontakt aufnehmen, man könnte sie aber auch rahmen, schön wie sie sind.

Vielfach schimmern die Monotypien golden und „Die goldenen 20er“ lautet auch das Motto des Beitrages. Im Rückblick auf dieses spezielle 2020er Jahr werde man vielleicht einmal denken, „dass das Schlechte auch sein Gutes hatte“, sinniert Münzberg beim Rundgang durch das Café 3 im Südflügel des Hofes, in dem die Herbstschau zu sehen ist.

Betrieben wird das Café von Demme, Friedel und John, momentan steht die Kaffeemaschine aber still, denn die Gastronomie gehörte ja bei diesem neuerlichen Herunterfahren des öffentlichen Lebens mit zu den ersten Branchen, die wieder schließen mussten.

Dass die Galerie trotzdem geöffnet bleibt, begründet Münzberg mit dem Konzept des Kunsthofes, die Rede ist von Verkaufsläden - nur dass sie momentan nicht wirklich verkaufen. Sie leben, sagt Münzberg, stark vom Tourismus. Insoweit sei der Sommer „toll“ gewesen, als sich viele Individualtouristen im Inland auf den Weg machten, solche auch, die sich für Kunst interessierten und, wie Münzberg sagt, die sich dann auch etwas geleistet haben.

Im neuen Atelier

Sich etwas leisten können - das ist ein Satz der auch für Soloselbstständige, freischaffende Künstler zumal, in Pandemiezeiten eine besondere Bedeutung bekommt. Die Diplom-Designerin Münzberg sagt, dass sie nun das erste Mal seit 16 Jahren Grundsicherung beantragt hat. Weil aber Resignation nicht ihr „Ding“ sei und man im Übrigen doch eine „Krise nicht dadurch bezwingen kann, indem man alles so weitermacht wie bisher“, will sie noch mal neu anfangen: Nach zehn Jahren, so lange ist sie inzwischen im Kunsthof, wird sie ihre Zelte in Wittenberg abbrechen und sich ganz auf ihre Tun in Dessau konzentrieren.

Sie ist in den Berufsverband Bildender Künstler Sachsen-Anhalt eingetreten. Sie hat sich an Ausstellungsausschreibungen beteiligt und ein Arbeitsstipendium der Investitionsbank des Landes erhalten. Im neuen Atelier will sie, natürlich, malen und drucken. Kurse zu geben hat sie ebenso vor wie unter anderem das Coaching von Künstlern. Und mag es auch bisher so gewesen sein, dass sie alle zehn Jahre etwas Neues gemacht habe, so habe doch Corona die jetzige Entscheidung durchaus begünstigt.

Ihr anteiliger Raum im Kunsthof wird demnach zum 1. Februar 2021 frei. Glaskünstlerin Altenberger, die wie andere auch noch einer weiteren Tätigkeit nachgeht, sagt, dass Münzbergs geplanter Weggang eine Lücke reißen wird. Nicht nur in den Räumlichkeiten, sondern auch inhaltlich. Sie, Münzberg, sei „eine treibende Kraft in unserem Team“. Wer weiß, vielleicht findet sich ja schon bald eine gute Nachfolge. (mz)

Die Künstlerin Marion Münzberg plant einen Neuanfang.
Die Künstlerin Marion Münzberg plant einen Neuanfang.
July Wagner