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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Schnelles Netz nur für Privilegierte?

Von Michael Hübner 23.02.2012, 17:41

Jüdenberg/MZ. - "Das will doch jeder", ist der zufriedene Telekom-Kunde sicher. Das Gemeindeoberhaupt hat Recht.

Auch MZ-Leserin Manuela Seibert möchte in deutlich verbessertem Tempo surfen. Doch die Jüdenbergerin hat einen Provider, und der kann - zumindest im Moment - eben offensichtlich nur langsam. Deshalb ist diese Internetnutzerin nicht sonderlich gut auf die Telekom zu sprechen. Ganz im Gegenteil. Sie ist empört und vermutet eine nicht berechtigte Monopolstellung. Aber das könne doch wohl nicht sein. Schließlich wurden die Investitionen in die so genannte Breitbandversorgung komplett von Fördermitteln bestritten.

Das bestätigt auch Gräfenhainichens Stadtrat Michael Walther (Linke). Nach seinen Angaben hat das Land das Projekt mit 87,5 Prozent finanziert - insgesamt wurden in Sachsen-Anhalt 37 Millionen Euro investiert - und der einstige Jüdenberger Gemeinderat mit 12,5. Prozent. Die Telekom hat den Auftrag zum Ausbau erhalten - nicht mehr nicht und nicht weniger.

Michael Walther gilt in der Gräfenhainichener Kommunalpolitik als der IT-Experte, kennt auch beruflich die Kritik bestens. Seiberts sei alles andere als ein Einzelfall. "Ähnliche Probleme gibt es auch in Radis", sagt der Unternehmer, der für seine Kunden Verträge beider Unternehmen anbietet. Der große Unterschied liege vor allem im Preis. Laut Michael Walther verlangt die Telekom pro Monat etwa 35 Euro, der günstigere Provider 20 Euro. "Der Markt ist offen", sagt der Experte. Ein Interessent könne frei wählen - zumindest in der Theorie. Es funktioniere nur in der Praxis eben nicht immer. Walther glaubt, die Telekom sperre sich. Er spricht "von einer Mauertaktik" und hält das nicht unbedingt "für seriös". "Die wollen", glaubt Walther, "erstmal ihre Kunden versorgen und möglichst neue gewinnen."

Die Vorwürfe aus Gräfenhainichen und Jüdenberg werden in der Telekom-Zentrale mit Entschiedenheit zurückgewiesen. Es gebe keine Vormachtstellung, betont Sprecher Jürgen Will. "Ein diskriminierungsfreier Zugang ins Netz ist problemlos möglich", heißt es dazu auf MZ-Anfrage. Möglicherweise liegen ja die Probleme bei den Mitbewerbern, vermutet er. Die Tücken könnten im Vertragsrecht oder in der Technik liegen. Die Telekom könne aber auf jeden Fall nicht schalten und walten, wie sie wolle. "Da passt die Bundesnetzagentur schon auf", sagt Will.

Dafür gibt es eine Bestätigung in Bonn. "Wenn sich ein Provider benachteiligt fühlt, muss er sich bei uns nur melden", erklärt Rene Henn. Dann werden die Vorwürfe geprüft. Sollte sich die Kritik bestätigen, werde ein so genanntes Missbrauchsverfahren eingeleitet, betont der Pressesprecher der Bundesnetzagentur.

Das ist zumindest im "Fall Seibert" nicht passiert. Ihr Dienstleiter hält sich auf MZ-Anfrage mit öffentlicher Schelte an der Telekom auffallend zurück. Technische Probleme - das ergab eine kurze Prüfung am Donnerstagnachmittag - können nicht ausgeschlossen werden. "Der Hausanschluss von Frau Seibert und die Vermittlungsstelle liegen weit auseinander", sagt Sascha Röckl. Er werde jetzt die Beschwerde aufarbeiten und an den Vorstand weiterleiten. Die Chefetage des Kommunikationsunternehmens - übrigens alles andere als einfach zu erreichen - werde dann eine Entscheidung treffen.