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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Riesen-Coup noch immer unvergessen

07.10.2012, 16:45

Gräfenhainichen/Mz/ur. - Standfestigkeit ist gefragt im Schacht. "Nicht nur beim Schulterklopfen", schmunzelt Hartmut Gawollek. Es fließt reichlich Gerstensaft, es gibt Kumpeltod und deftiges Essen. Die Runde braucht genau das.

Gut 100 Ex-Mitarbeiter der ehemaligen Montageabteilung der Gräfenhainichener Zentralwerkstatt sitzen im Schacht "Barbara" zusammen. Es ist fast genau 50 Jahre her, dass die Truppe ins Leben gerufen wurde. "Am 5. März 1962", erzählt Ralf Kersten. Er ist der Mann für Zahlen und Fakten. "So wie früher. Da hat er die Brigadebücher geschrieben." Gestandene Männer werden zu jungen Leuten, die anpacken, wo sie gebraucht werden. Die in Baracken leben - Woche für Woche, jahrelang. Die Familien sehen sie meistens nur am Wochenende. Dennoch sind sie sich einig: "Es war einfach die schönste Zeit im Leben."

Horst Richter folgte dem mittlerweile verstorbenen Günter Greth auf dem Chefposten der Abteilung. Trotz dieser Position ist er ein Kumpel unter Kumpeln. Ein Bergmann eben, dem man auf die Schulter klopft und den man duzen kann. Gawollek und Richter blicken zurück. Der eine war Bauleiter, der andere Chef. Zusammen mit den anderen Monteuren haben sie viel bewegt. Buchstaben- und Zahlenkombinationen machen die Runde. 1254, ES 1600: Die Männer in der Runde wissen, was es damit auf sich hat. Der 1254 war der erste Bagger, der durch die Mulde fuhr. Die Gräfenhainichener haben ihn danach wieder auf Vordermann gebracht. Mit dem ES 1600 sicherte sich Horst Jahnke den Banner der Arbeit. "Darf man das noch sagen?" Die Monteure sind stolz auf sich und ihre Leistung. "Klar kann man das sagen." Denn die Arbeit am Schaufelradbagger war wesentlich früher beendet als geplant.

Die zentrale Montageabteilung war eine Männerdomäne. Gut 300 Mitarbeiter zählte sie in den Jahren, im Schnitt waren 50 Leute auf einmal dort beschäftigt. Gisela Geipel und Veronika Schulz hielten die Frauenquote hoch. Die eine als Elektromeisterin und Teilkonstrukteurin, die andere als Zeichnerin. "Es war eine super Zeit." Der Satz ist immer wieder zu hören. Selbst 20 Jahre, nachdem die Abteilung praktisch von heute auf morgen aufhörte zu existieren. Was sollte auch montiert werden, wo es den Bergbau im großen Stil nicht mehr? "Sie haben fast alle sofort Fuß gefasst. Die haben sie mit Kusshand genommen", erzählt Gawollek über die jüngeren Mitstreiter von einst, die sich die Klinke in die Hand geben im Schacht. Der eine trudelt gerade aus Kairo ein, der andere von den Windanlagenfeldern in der Nordsee.

"Wir konnten anpacken, haben zur Not 14, 16 Stunden am Tag gearbeitet", erinnern sich die Monteure und denken zurück an einen weiteren Riesencoup. Die Gräfenhainichener haben 1973 eine komplette Förderbrücke in der Lausitz transportiert - in Längsrichtung. Das hatte es bis dahin weltweit noch nie gegeben.